„Niemals hat der Mensch so viel für so wenig bekommen!“ soll der norwegische Philosoph und Bergsteiger Arne Næss Sr. einst voller Ehrfurcht über die Aussicht vom Litlefjellet ausgerufen haben. Tatsächlich bekommt man kaum irgendwo so viel landschaftliche Schönheit für vergleichbar geringe Anstrengungen geboten. Nach einem durchaus steilen, aber eben erstaunlich kurzen Aufstieg standen wir das erste Mal mitten in dieser majestätischen Kulisse – 800 Meter über dem türkisfarben schillernden Fluss Rauma und zugleich unter dem furchteinflössend markanten Gipfel des Romsdalshorn sowie direkt gegenüber der monströsen Trollveggen-Wand.

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Die Straße Fv64 umrundet den beeindruckenden Romsdalsfjorden und verbindet so die Küstenstädte Åndalsnes und Molde und führt im weiteren Verlauf zur imposanten Atlantikstraße (Atlanterhavsveien). Unzählige Male sind wir bereits dieser Route gefolgt und haben dabei regelmäßig den Wegweiser nach Liabgyda in Isfjorden übersehen oder schlichtweg ignoriert. Im Nachhinein ein riesiger Fehler – denn dieser unscheinbare Abzweig führt direkt in ein unvorstellbar schönes, nahezu unberührtes und alpin geprägtes Tal: das Vengedalen.
Dieses Hochtal ist Ausgangspunkt für vielfältige Outdoor-Aktivitäten – darunter einer ganz besonderen Wanderung, der kurzen Tour hinauf zum Bergkamm Litlefjellet. Dieser Aufstieg wird zurecht als “Miniaturversion” der weltweit populären und wohl auch berüchtigten Romsdalseggen-Route bezeichnet. Diese spektakuläre und herausfordernde Wanderung über den Romsdalseggen-Grat erfordert allerdings eine dementsprechende Kondition, alpine Erfahrung, Trittsicherheit und die passende Ausrüstung.

Der Aufstieg zum Litlefjellet ist hingegen trotz einiger steiler Passagen eher familienfreundlich und gut zugänglich – daher auch offiziell als “LEICHT” bis “MITTEL” eingestuft. Denn bereits nach rund zwanzig Gehminuten bietet sich eine wahrhaft spektakuläre Aussicht in das Tal Romsdalen, auf die gegenüberliegende Trollveggen-Wand, das alles überragende Romsdalshorn und den Store Venjetinden.
Das Vengedalen – jeden Abstecher wert
Daher geben wir euch in diesem Beitrag einen Überblick zu den Details und Fakten dieser Wanderung. Darüber hinaus stellen wir einige Highlights in der unmittelbaren Umgebung vor. Doch zunächst biegen wir diesmal in Isfjorden gemeinsam von der Fv64 ab und erreichen so das Vengedalen.

Das Vengedalen, auch als Venjesdalen bekannt, ist ein spektakuläres Hochgebirgstal in der Gemeinde Rauma, etwa 10 Kilometer von Åndalsnes entfernt. Es gilt als eines der schönsten Täler Norwegens und ist von zahlreichen erhabenen Gipfeln wie dem Romsdalshorn und dem Store Venjetind umgeben. Bereits im 19. Jahrhundert lockten die markanten Bergformationen internationale Kletterer an, darunter auch der berühmte Brite William Cecil Slingsby, der nicht nur die Region, sondern zudem den faszinierenden Austerdalsbreen-Gletscher erkundete. Das charakteristische Romsdalshorn, einer der markantesten Gipfel, wurde erstmals 1828 bestiegen und avancierte später zum „Hausgipfel“ des legendären norwegischen Bergsteigers Arne Randers Heen.
Eine der bekanntesten Touren im Tal ist jedoch die bereits erwähnte Route über den Grat der Romsdalseggen, die – neben der Wanderung über den Besseggen – als eine der spektakulärsten Gratwanderungen Norwegens gilt. Der Trail führt durch felsiges Gelände und bietet schwindelerregende Ausblicke auf den Romsdalsfjord, die Trollveggen-Wand und das Romsdalshorn. Die Wanderung startet am Parkplatz der Venjesdalssætra, einer traditionellen Alm, die in der Sommersaison Besuchern als Ausgangspunkt und Rastplatz dient.

Im Zentrum des Venjesdalen liegt der Bergsee Vengedalsvatnet, der im Sommer ideal für eine Rast oder ein Picknick ist. Die Kulisse mit dem Romsdalshorn und der Trollveggen-Wand im Hintergrund verleiht dem See eine fast mystische Atmosphäre und macht ihn zu einem beliebten Spot für Fotografen und Naturliebhaber.
Die Straße durch das Tal führt am Seeufer entlang, passiert den kleinen Parkplatz unterhalb vom Litlefjellet und erreicht wenige hundert Meter weiter das Talende mit einem größeren Parkareal.
Anfahrt und Ausgangspunkt der Litlefjellet Wanderung
Der Ausgangspunkt der Wanderung zum Litlefjellet ist sowohl von Åndalsnes als auch von Molde aus gut erreichbar. Von Åndalsnes aus führt die Straße Fv 64 Richtung Molde, bis man nach etwa fünf Kilometern rechts nach Liabygda abbiegt.
Wer von Molde aus anreist, folgt der Fv 64 in entgegengesetzter Richtung bis zur Abzweigung nach Liabygda. Von dort geht es weiter ins Vengedalen, das über eine schmale mautpflichtige Privatstraße, den 1937 gebauten Vengedalsvegen, zugänglich ist.

Die Mautgebühr von 100 NOK (rund 10.- €) kann einfach online über passpay.no bis zu 48 Stunden nach Einfahrt beglichen werden. Da es am Talende kaum Mobilfunkempfang gibt, haben wir die Zahlung direkt nach der Rückfahrt durchgeführt. Alternativ besteht die Möglichkeit, die Maut direkt mit Kreditkarte an einem Automaten im Tal zu begleichen.
Die durchweg befestigte, aber nur teilweise asphaltierte Straße führt durch das malerische Tal und an der Almhütte Venjesdalssætra vorbei, bis man ungefähr einen Kilometer hinter dem See Vengedalsvatnet den offiziellen Parkplatz für die Wanderung erreicht. Hier markiert ein großer Felsen mit Wegweiser den Startpunkt des Aufstiegs.

Es gibt in fußläufiger Entfernung aber noch einige weitere Parkplätze. Wir entscheiden uns für das Areal am Südende des Vengedalsvatnet. Von hier aus gehen wir ein Stück auf der Straße bis zum Wegweiser hinauf zum Litlefjellet.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es rund 300 Meter weiter einen alternativen, flacheren Einstieg gibt. Diesen sollte man nutzen, wenn man zum Talende hin parkt.
Aufstieg zum Litlefjellet


Die Wanderung zum Litlefjellet ist zwar relativ kurz, aber dennoch reizvoll und an einigen steileren Passagen durchaus herausfordernd. Der Pfad führt uns in einem sanften Zickzack auf den etwa 110 Meter höher gelegenen Bergkamm und zunächst leicht schräg nach rechts den Hang hinauf. Bereits hier bieten sich schon nach wenigen Schritten fantastische Ausblicke auf die umliegende Landschaft.


Es folgt ein kurzer, aber steiler Abschnitt, bevor der Weg nach links schwenkt. So geht es stetig, Höhenmeter um Höhenmeter, bergauf. In einigen Bereichen erhöhen Ketten die Sicherheit. Dennoch ist besonders bei nassem Wetter jedoch Vorsicht geboten.

Nach etwa fünfzehn Minuten Aufstieg eine letzte etwas ausgetretene Passage. Und dann liegt bereits das gesamte Romsdalen-Tal wie eine Postkartenlandschaft unter uns. Geschafft!!

Am Gipfel des Litlefjellet angekommen, bietet sich uns eine märchenhafte Szenerie. Zum Greifen nah erhebt sich, etwas ungeheuerlich, das markante Romsdalshorn über uns, während auf der anderen Seite des Raumatales die versteinerten Trolle der monströsen Trollveggen-Wand auf uns schauen …

Sommerabend auf dem Litlfjellet
In dem kleinen Tümpel vor der steil abfallenden Felswand spiegelt sich die umliegende Bergwelt auf sagenhafte Weise. Inmitten dieser wahrlich sagenhaften Szenerie scheint es, dass die Trolle und Feen nur während der Tagesstunden in die Felswände zurückweichen und in klaren Vollmondnächten wohl in den Tümpeln ihr Bad nehmen.

Immerhin müssen die Fabelwesen wohl in dieser Region zuhause sein, denn viele Highlights, wie zum Beispiel der Trollstigen, sind nach ihnen benannt und die bizarren Bergformationen um uns herum können nur auf übernatürliche Weise entstanden sein.
Der Abend ist ungewöhnlich mild und herrlich windstill, sodass wir noch lange auf dem Litlefjellet verweilen. Conny springt gefühlt hunderte Male über eine besonders schmale Passage, um eines der populären Fotos dieser Szenerie nachzuempfinden.

Es ist schon bald Mitternacht, als wir zu unserem Kastenwagen auf dem Parkplatz im Vengedalen zurückkehren. Am nächsten Morgen, die Sonne schafft es noch nicht einmal, das Tal auszuleuchten, machen wir uns erneut auf den Weg, gehen das kurze Stück zum Bergsee Hornvatnet direkt unter dem Romsdalshorn und folgen dem Lauf des kleinen Flusses, in dem mit lauten Tosen die türkisfarbenen Schmelzwasser-Massen das Tal hinabstürzen.

Unweit vom Seeufer stoßen wir auf eine kleine und echt urige Schutzhütte, die sich kaum sichtbar in die Landschaft einfügt. Die Tür steht allen Besuchern offen und mit dem kleinen Ofen wirkt dieser Unterschlupf richtig anheimelnd.



Doch irgendwann müssen wir zurück … Ein letzter imposanter Blick über das gewaltige Hochtal, bevor wir den Rückweg antreten. Denn es gibt in der Region noch vom viel mehr zu entdecken, wie unser Beitrag über die 26 schönsten Wanderungen in Fjordnorwegen eindrucksvoll belegt.
Weitere Highlights in der Umgebung
Ein besonderes Highlight in unmittelbarer Umgebung vom Litlefjellet ist die Rampestreken-Aussichtsplattform, die spektakuläre Blicke über Åndalsnes, die Romsdalsalpen und den Fjord bietet. Die Wanderung beginnt am Parkplatz unterhalb des Nebba und führt über die Romsdalstrappa zur schwindelerregenden Plattform.
Alternativ kann man mit der neuen Seilbahn Romsdalgondolen zur Bergstation auf dem Nesaksla fahren und von dort einfach rund 200 Höhenmeter bis zur Plattform Rampestreken absteigen.

Ebenso beeindruckend ist die Trollveggen-Wand, die höchste senkrechte Felswand Europas. Mit einem Höhenunterschied von 1.700 Metern, davon über 1.000 Meter fast senkrecht, zählt sie zu den dramatischsten Naturformationen Norwegens.

Darüber hinaus stürzt der weltweit populäre Wasserfall Mardalsfossen aus den umliegenden Bergen in das Eikesdalen. Ein weiteres landschaftliches Kleinod in dieser Region Norwegens, dass man auf der abenteuerlichen Straße Aursjøvegen erreichen oder verlassen kann.

Weitere Eindrücke eines Familientrips in das Vengedalen sowie von der Wanderung auf das Litlefjellet findet ihr in dem persönlichen Erfahrungsbericht unseres Reisereporters Falk Hickmann, der die Region im Sommer 2024 besuchte.
Karte, Fakten und GPX Daten der Litlefjellet Wanderung
- Hier findest du eine Übersicht zu den Einstufungen und Kriterien der Schwierigkeitsgrade in Norwegen.
- Diese Wanderung ist teilweise mit Ketten gesichert – für ältere Kinder als auch für größere Hunde nach unserer Einschätzung machbar.
- Wohnmobil-Stellplatz in der Nähe: Trollveggen Camping direkt unter der imposanten Trollwand.
- Vorsicht am Ziel: Wie in Norwegen üblich gibt es keine Sicherungen an der tiefabfallenden Kante.
- Wir empfehlen, in den Abendstunden diese Tour zu gehen – Gänsehaut-Momente garantiert 🙂
- Das Ziel eignet sich hervorragend für ein Picknick – also Proviant nicht vergessen.
- Wer mag kann mit Zelt auf dem Bergkamm übernachten, um den Sonnenuntergang auszukosten.
- Für alle, die längere Aufenthalte im Tal planen, gibt es die Venjesdalsbu, eine einfache, aber gemütliche Selbstversorgerhütte des norwegischen Wandervereins (DNT). Die Hütte befindet sich nahe der Venjesdalssetra und bietet Platz für zwölf Personen. Sie kann mit einem DNT-Schlüssel geöffnet werden und ist ideal für Übernachtungen im Rahmen von Mehrtagestouren durch das Vengedalen.

Literaturtipps für deine Reise nach Norwegen
Equipment für die perfekte Wanderung
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