Wie aus ursprünglich geplanten 6 Monaten Work and Travel unglaubliche 9 Monate wurden (Teil 2)
So nun ist es endlich soweit wir können euch den zweiten Teil des Berichtes von unserem spannenden Work and Travel Trip durch Norwegen präsentieren. Wie bereits zum Ende im ersten Teil angekündigt, ging es für uns im Januar auf eine Rentierfarm ganz im Norden Norwegens. Nun konnten wir uns endlich unseren langersehnten Traum erfüllen und Teil des Lebens der Samen, dem indigenen Volk im Norden von Norwegen, werden. Bis heute leben die Samen größtenteils von der Rentierzucht und dabei werden wir sie auch begleiten.
Schon kurz nach unserer Ankunft in Kautokeino hieß es “Warm anziehen, etwas zu trinken und zu essen einpacken. Los geht’s!” Wohin? Das wussten wir selber nicht. Nach einer einstündigen Fahrt erreichten wir ein großes Gehege, wo 6000 Rentiere auf uns warteten.
Work an Travel Station bei den Samen: 6000 Rentiere und wir mittendrin
Die Rentiere wurden von einer Handvoll Personen mit nichts als einem langen Tuch in der Hand in immer kleinere Gruppen getrennt. Und wir quasi mit zitternden Knien mittendrin. Etwa 100 Tiere wurden in ein eine Art “Zirkusmanege” gedrängt. Dort warteten die einheimischen Samen, sowie die Mitglieder einiger Nachbarstämme. Nun wurden die Rentiere “sortiert”. Jedes Tier (!) hat einen markanten Schnitt am Ohr, damit es auf diese Weise dem Stamm und sogar dem exakten Besitzer zugeordnet werden kann. Sobald die Samen eines Stammes eines ihrer Tiere identifizieren, wird dieses in ein separates, dem Stamm zugeordnetes Gehege gebracht und noch in der Nacht in ein anderes Gebiet transportiert. So wird gewährleistet, dass die Tiere sich in einem der für sie vorgesehen Territorien aufhalten.
Einige Tiere der Tiere werden in ein gesondertes Gehege getrieben. Im Anschluss an die Veranstaltung werden diese Tiere dann zum Schlachter gebracht. So erhalten die Samen ihr eigenes Fleisch und verkaufen ebenfalls einen Teil an eine hier ansässige Supermarktkette. Die übrigen Tiere werden wieder in die Freiheit entlassen. Auch wenn manche Traditionen ein wenig grausam erscheinen, so wird uns die 12-stündige Arbeit in dieser und den darauf folgenden Nächten für Ewigkeiten in Erinnerung bleiben.
Das Leben der Rentierhirten passt sich perfekt ihrer Umgebung an und sie ziehen immer mit ihren Tieren. So verschlug uns unsere Zeit nach Kautokeino und mit dem Schneemobil in die umliegende Tundra, wo wir eine kleine Hütte besuchten durften.
Die Sonne ist zurück
Dass die Sonne sich nach knapp 2 Monaten wieder blicken ließ, rückt nach solchen Erlebnissen ein wenig in den Hintergrund. Gefeiert haben wir es trotzdem wie Kinder an Heiligabend 🙂
Der Januar ist nun vorüber und die Rentiere tümmeln sich wieder in der umliegenden Tundra. Und auch uns zog es weiter. 4 Wochen durften wir Teil der Samen sein und wir sind dankbar, dass wir einen Blick in das doch andere (noch ursprüngliche) Leben werfen durften.
Den Februar begannen wir mit einem wildromantischen Winterroadtrip
Bevor wir unseren nächsten Work and Travel Aufenthalt in Norwegen beginnen sollten, erwartete uns noch ein kleiner Winterroadtrip. 4 Tage hatten wir für die knapp 800 Kilometer von Kautokeino bis an die Westküste mit einigen Stopps eingeplant. Und die brauchten wir tatsächlich auch. Vereiste Straßen und ein Schneesturm, der Straßensperren zufolge hatte, erwartete uns an den ersten Tagen.
Wanderungen zu dem Alta Canyon oder dem Gargia Foss waren nicht mehr möglich, obwohl wir unser Bestes gaben, aber es gab einfach kein Durchkommen. Mit Schneeketten ging es für uns teilweise nur im Schritttempo vorwärts. Die Nächte waren extrem eisig. Doch je näher wir der Westküste kamen, umso schöner und “wärmer” wurde es. Von Tag eins mit -25 Grad bis hin zu Tag 4 und +1 Grad – endlich wieder T-Shirt Wetter 😀
Auf zur kleinen Insel Litløya
Mitte Februar erreichten wir die Küste nördlich der Lofoten, wo ein kleines Boot auf uns wartete, das uns auf die kleine, einsame Insel Litløya brachte. Die etwa 20 Minuten lange Fahrt gab uns schon einen kleinen Vorgeschmack auf die unglaubliche Aussicht, die auf uns warten sollte. Die Insel Litløya zeigte sich von Ihrer wunder schönsten Seite. Ein Leuchtturm perfekt platziert an dem westlichen Teil der Insel und dahinter erhebt sich die Bergreihe der Lofoten am Horizont.
Unsere Arbeit, welche wir auch hier gegen Kost und Logis erbracht haben, bestand hauptsächlich aus Renovierungsarbeiten rund um den Leuchtturm und man erwischte sich immer wieder dabei in Tagträume zu verfallen, wenn man seinen Blick von der eigentlichen Arbeit abwendete. So konnte es passieren, dass man Minutenlang auf einer Leiter stand, die Farbe in der einen Hand, den Pinsel in der anderen Hand und den Seeadlern bei ihren Ritualen, den Kämpfen mit den hier ebenfalls ansässigen Seemöwen oder den Revierkämpfen mit den Krähen zusah.
Das Zusammenleben mit der Leuchtturmbesitzerin Elena, Frode und mit unserem liebgewonnen Backpacker Arek verlief erwartungsgemäß harmonisch – wie sollte es auch anders sein, bei so einem herrlichen Fleckchen Erde.
Elena erzählte manchmal in den Abendstunden bei einem leckeren Abendessen über die Geschichte des Leuchtturms. Zum Beispiel waren 4 deutsche Soldaten während des zweiten Weltkriegs neben der norwegischen Familie des damaligen Lighthouse Keepers auf der Insel stationiert und errichteten um die ganze Insel Stacheldrahtrollen, damit niemand auf die Insel konnte. Noch heute findet man solche und andere Gegenstände auf der Insel. Wir könnten einen ganzen Beitrag über diesem tollen und einzigartigen Ort schreiben, aber auch für uns ging es irgendwann weiter.
Mit tollen Geschichten und einer geerdeten Seele ging es Richtung Lofoten. Aber von diesem Platz, dass sei gewiss, werden wir noch lange träumen!
TIPP: Wer das nötige Kleingeld besitzt, kann hier ein paar Tage verbringen: https://www.littleislandlighthouse.com/
Die Lofoten im März und April
Es ist bereits Mitte März als uns unser Weg quer über die Inselgruppe der Lofoten führt. Atemberaubende Aussichten gemischt mit traumhaften Stränden begrüßten uns auf diesem wundervollen Abschnitt Norwegens. Hier genossen wir die Zeit für ein paar Tage.
“Wanderung auf den Ryten“, “Gleitschirmfliegen am Haukland Beach”, das “Butterflyhaus” oder auch “Henningsvær” waren nur einige der Highlights, die dort auf uns warteten, bevor wir die Fähre auf die Insel Røst nahmen. Da die Fähren für Fußgänger wegen der anhaltenden Coronapandemie umsonst sind, ließen wir unser Auto auf den Lofoten zurück. Nach einer knapp 3-stündigen Überfahrt erreichten wir die kleine Insel mit Ihren 500 Einwohnern. Zugegeben: Mit dem Auto hier rüber zu kommen hätte sich tatsächlich nicht gelohnt, denn die 5 km lange Hauptstraße ist die einzige echte Straße, die durch den Ort führt.
Der eigentliche Plan 4 Wochen auf einer Schaffarm zu arbeiten, zerschlug sich jedoch schon nach 5 Tagen, denn unter anderem passte die Kommunikation und das Zwischenmenschliche so gar nicht zu unseren Erwartungen. Aber auch das gehört zu einem guten Work and Travel Abenteuer in Norwegen und auf der ganzen Welt dazu! So ging es für uns zurück auf die Lofoten, genauer gesagt nach Reine und dort halfen wir Runhild, ihrem Sohn Sverre und der Backpackerin Jana bei ihrem Projekt “Boutique Home”. Ein kleines und wunderschönes Hotel und Gästehaus, wo Gäste und die Familie zusammen leben.
Hier erledigten wir kleinere Renovierungs- und Übersetzungsarbeiten. So haben wir die komplette Homepage in Deutsch übersetzt und für alle, die mal einen Stopp hier in Reine einlegen möchten, gibt es hier zahlreiche Tipps: www.catogarden.no (Falls ihr Rechtschreibfehler findet – das geht auf unsere Kappe :D)
Unvergessliche Erlebnisse auf den Lofoten
In unserer Freizeit erkundeten wir mit dem Kajak den Reinefjord, erklommen die schneebedeckten Berge, oder genossen einfach die Einsamkeit an den fantastischen weißen Stränden. Die Kabeljau Saison war ebenfalls im vollen Gange und somit hingen tausende Fische zum Trocknen in den Orten der Lofoten.
Ein Gesetz galt jedoch hier: Egal ob grade gearbeitet wurde oder nicht – wenn die Orcas uns besuchten, wurde alles stehen und liegen gelassen, damit wir sie begrüßen konnten.
Der Mai und ein letztes kleines Abenteuer auf unserer Work and Travel Reise
Doch bevor wir Norwegen nach 9 Monaten “auf Wiedersehen” sagten, lag noch ein letzter Roadtrip vor uns. Von den Lofoten aus nahmen wir die Fähre und steuerten auf die Insel Værøy zu. Die Wanderungen auf dieser unglaublich schönen Insel belohnte uns mit tollen Ausblicken und mit vielen Beobachtungen der Seeadler. In der Vergangenheit wurden sie auf dieser Insel gejagt. Hier verbrachten wir 2 tolle Tage.
Auf dem Festland wieder angekommen, begaben wir uns Schritt für Schritt entlang der Panoramastraße “Fv 17” Richtung Süden und machten noch tolle Ausflüge zu der Insel Lovund und Runde, wo wir stundenlang die Papageientaucher beobachten konnten.
Es tat gut, sich ein letztes mal treiben zu lassen und ohne Zeitdruck langsam, aber sicher Richtung Süden zu fahren. Nun ging jedoch auch diese letzte Etappe zu Ende und wir realisierten, dass unsere Zeit in Norwegen leider zu Ende ging.
Es sollten 6 Monate Work and Travel in Norwegen werden, schlussendlich blieben wir 9 Monate und werden diese tolle Zeit nie vergessen. Wir sagen “Takk” an die tollen Menschen, die unseren Weg in Norwegen begleitet haben. Diese Zeit wird uns ein Leben lang in Erinnerung bleiben.
Annika & Manuel
PS: Ein Video über unsere Reise ist auf YouTube zu finden. Nur Musik und schöne Bilder. Also Lautsprecher an und mit uns diese Zeit ein zweites mal erleben.
Liebe Annika, lieber Manuel
Ich bin fasziniert von der Kultur der Samen.
Gerne würde ich eine Art Arbeit für Kost und Logis haben, jedoch weiss ich nicht, wie ich mit Ihnen in Kontakt komme.
Wie habt ihr es geschafft?
Herzliche Grüsse
Kelsey