Das Innerdalen – gelegen im Herzen des Trollheimen-Gebirges – gilt seit jeher als eine der eindrucksvollsten Landschaften Norwegens. Wohl auch deshalb wird es gern und oft, besonders von den Einheimischen, als “schönstes Tal Norwegens” bezeichnet. So schwärmte bereits der norwegische Philosoph Arne Næss, das Innerdalen sei ein Ort “maximaler Schönheit und Erhabenheit pro Kubikmeter Natur”.

Schon früh wurde es in Wort und Bild förmlich gefeiert, und wer einmal dort war, versteht sofort, warum: Das Tal vereint alpine Dramatik mit wohltuender Ruhe, uralte Almen mit spiegelnden Seen, steile Felswände mit sanften Wiesen. Nicht umsonst wurde das Innerdalen bereits 1967 das erste Landschaftsschutzgebiet des Landes. Ein wohlverdienter Titel und frühzeitiger Schutz, der dem Tal bis heute zu seiner ursprünglichen und unberührten Schönheit verhalf.
Das Innerdalen unter den Gipfeln des Trollheimen
Sunndalsøra ist das Zentrum der Gemeinde Sunndal in Nordmøre. Die alte Industriestadt liegt dort, wo das Sunndalen in den Sunndalsfjord mündet. Eingerahmt von steilen, bis zu 1900 Meter hohen Bergen, bietet sich hier ein besonders eindrucksvoller Kontrast zwischen dem ruhigen Fjord und dem gewaltigen Fjell. Diese Kulisse lässt sich beispielsweise auf einer Wanderung in Åmotan, einem Besuch am Mardalsfossen oder einer abenteuerlichen Autofahrt auf dem spektakulären Aursjøvegen erleben.
Nördlich und östlich der Tallandschaft erhebt sich das Gebirgsmassiv Trollheimen. Ein nahezu alpiner Gebirgszug, dessen Name auf Vorschlag des Autors und Journalisten Håkon Løken Ende des 19. Jahrhunderts eingeführt wurde. Das „Heim der Trolle“ macht seinem Namen alle Ehre: Mit seinen zerklüfteten Graten, spitzen Zinnen und einsamen Hochflächen wirkt das Trollheimen bis heute wild, geheimnisvoll und nahezu unberührt.
Gipfel wie Skarfjellet (1790 m), Trolla (1850 m – der höchste Punkt des Trollheimen), Høa (1188 m) oder der markante Innerdalstårnet (1452 m) sind nicht nur imposant anzusehen, sondern auch eng mit der Geschichte des norwegischen Klettersports verbunden. Ihre markanten Silhouetten prägen die zerklüftete, felsige Bergwelt auf unnachahmliche Weise.

Und mittendrin – wie ein grünes Band zwischen den Bergen – liegt das Innerdalen. Das Tal zieht sich rund 20 Kilometer tief in die Trollheimen hinein und bildet einen fast unwirklichen Kontrast zur schroff felsigen Kulisse der umliegenden Gipfel. Zu ihren Füßen rauscht der Ålvundelva, und über allem wacht – scheinbar unbeweglich – der markante Gipfel des Innerdalstårnet, der wie ein steinerner Wächter über das Tal ragt.
Anfahrt und kurze Wanderung hinauf ins Innerdalen
Am einfachsten erreicht man das Innerdalen, indem man bei Ålvundeid, einige Kilometer nördlich von Sunndalsøra, von der Reichsstraße Rv70 abzweigt. Die schmale Zufahrtsstraße führt durch das Viromdalen und endet nach etwa zehn Kilometern am offiziellen Wanderparkplatz “Innerdalen parkering”, dem Ausgangspunkt für alle Touren ins Tal. Die Parkgebühr beträgt an Werktagen etwa 70 NOK beziehungsweise 150 NOK an Wochenenden und kann an einem Automat oder per App entrichtet werden.

Von hier aus geht es (nur noch) zu Fuß oder mit dem Fahrrad über einen breiten und befestigten Fahrweg weiter. Dieser historische Almweg, auf dem man das Tal erreicht, steigt zu Beginn auf rund 220 Höhenmeter an. Ein zunächst durchaus fordernder Einstieg, bei dem man schnell ins Schwitzen kommt. Doch schon bald verläuft der Weg sanfter, führt im weiteren Verlauf durch einen lichten Laubwald, vorbei an Farnen, Birken und moosigen Steinen und wechselt dann in offenes Gelände.
Bereits nach wenigen hundert Metern öffnet sich der Blick auf die umliegenden Gipfel und uns beschleicht das Gefühl, eine andere Welt zu betreten. Die wunderbare und trotz des anfänglichen Anstiegs insgesamt leichte Wanderung endet am Ufer des Innerdalsvatnet, einem stillen, klaren See im Herzen des Tals.

Die beinahe märchenhafte Landschaft des Innerdalen
Hier beginnt das Innerdalen in seiner ganzen Schönheit: eingerahmt von gewaltigen Felswänden, durchzogen von glasklaren Bächen und von saftig grünen, fruchtbaren Almwiesen durchzogen. Ein beinahe unwirklicher Kontrast, scheinbar märchenhaft und auf besondere Weise surreal.
Auf der gegenüberliegenden Seite erhebt sich das Skarfjellet mit seinen steil aufragenden Berghängen. Ein beeindruckendes Massiv, das nicht nur bei norwegischen Kletterern als Klassiker gilt. Weiter östlich ragt der markante Innerdalstårnet spitz und unverkennbar in den Himmel. Wie ein riesiger Obelisk steht er da, von weitem sichtbar, von Legenden umrankt und bis heute ein begehrtes Ziel für Bergsteiger.

Wir waren im Oktober hier – die Gipfel schon leicht gezuckert vom ersten Schnee und die Berghänge strahlten in allen erdenklichen Tönen von Goldgelb bis Dunkelrot. Dazu ein weiches und gedämpftes Licht und eine herrliche frische, aber nicht zu kalte Luft. Herbstromantik vom Allerfeinsten. Jeder Schritt durch das Talgrund wird begleitet vom Rascheln der Blätter und dem leisen Murmeln des Flusses. Kein Lärm, keine Eile – nur der Moment.
Wem der Sinn nach Bewegung steht, hat rund um das Tal zahlreiche Möglichkeiten. Von kurzen Spaziergängen entlang des Innerdalsvatnet bis hin zu anspruchsvollen Gipfeltouren. Der Innerdalstårnet, mit 1452 Metern einer der bekanntesten Kletterberge Norwegens, kann in rund vier Stunden erklommen werden – Trittsicherheit und Klettererfahrung vorausgesetzt. Etwas weniger ausgesetzt ist die Route zur Renndalskammen, während der Übergang über das Bjøråskaret spektakuläre Ausblicke bietet und sich gut als Rundtour kombinieren lässt.
Wer nicht gleich auf einen Gipfel möchte, kann auch einfach durchs Hochtal streifen – vorbei an Hütten, Wasserfällen und grasenden Kühen. Denn genau das macht Innerdalen aus: Man muss gar nicht hoch hinaus, um tief berührt zu werden.

Almen und Hütten im Innerdalen
Unten im Tal liegt die idyllische Renndølsetra, eine traditionelle Sommeralm mit grasgedeckten Dächern, freilaufenden Kühen und einem kleinen, charmanten Seterkafé. Hier werden in der Saison Waffeln mit hausgemachter Marmelade, Sauerrahm, frische Brote, Zimtschnecken oder Joghurt aus eigener Produktion serviert – alles aus der Milch der wenigen Kühe, die auf der Alm weiden. Die Renndølsetra ist privat geführt und nur in den Sommermonaten geöffnet – meist von Mitte Juni bis Mitte August, wenn das Tal am lebendigsten ist.

Ein Stück weiter taleinwärts liegt die Innerdalshytta, betrieben vom Norwegischen Wanderverein (DNT). Sie besteht aus mehreren Gebäuden – der historischen Gammelhytta von 1893, der moderneren Nyhytta mit bewirtschafteter Küche im Sommer sowie der Selbstversorgerhütte Låven, die ganzjährig zugänglich ist. Während der Hauptsaison bietet die Hütte einfache Zimmer, warme Duschen, ein Abendessen mit drei Gängen und das typische DNT-Gefühl: entspannt, gesellig, unkompliziert.

Etwas versteckt, im benachbarten Giklingdalen, liegt zudem die Giklingdalshytta, eine kleine, einfache Hütte des Norwegischen Bergsteigerklubs (Norsk Tindeklub). Eine einfache Schutzhütte mit 8 Schlafplätzen für alle, die es gern ganz ruhig und abgelegen mögen.
Ein unvergesslich schöner Herbsttag im schönsten Tal Norwegens
Die goldenen Nuancen eines Bilderbuch-Herbstes begleiteten uns auf unserer Rückreise vom Nordkap. Eine farbenfrohe und wundervolle Zeit in vielen Regionen Norwegens, besonders in den Gebirgen, wie dem Trollheimen. Frühmorgens legen sich die Nebelschleier über die Bergseen und geben erst nach und nach den Blick auf die gelb, orange und rot strahlenden Berghänge frei. Über den Tälern liegt eine unbeschreibliche Ruhe, ein spürbarer Frieden nach einem meist kurzen und intensiven Sommer. Für uns eine perfekter Zeitpunkt für einen Besuch im Innerdalen.

Und so erlebten wir “Norwegens schönstes Tal” auch von seiner mystisch schönsten Seite. Die Sonne schien durch eine dünne Wolkendecke, und das milde Herbstlicht flutete die Landschaft. Obwohl die Tage bereits kürzer wurden, war der Spaziergang durch den Talgrund ein friedliches, fast meditatives Erlebnis. Die Farben der Jahreszeit leuchteten warm zwischen Fels und Wasser, und die Berge trugen bereits ihre erste Schicht Neuschnee.
Auch wenn wir bislang nur ein einziges Mal hier waren – dieser Tag hat sich tief eingebrannt. Vielleicht gerade, weil das Tal im Oktober fast menschenleer war. Weil keine Hütte mehr bewirtschaftet und kein Café geöffnet war, keine Kuh mehr auf der Weide stand. Das Innerdalen wirkte auf eine würdige, fast ehrfürchtige Weise verlassen.

Als wir schließlich den Rückweg antraten, war das Licht bereits am Verblassen. Unten im Tal rauschte der Ålvundelva, und über den Hängen begann der erste Frost zu glitzern. Wir warfen noch einmal einen Blick zurück und wussten: Irgendwann kommen wir wieder.
Praktische Tipps für deinen Besuch
- Mit dem Auto über den Rv70 bis Ålvundeid, dort Abzweigung ins Viromdalen bis zum Parkplatz „Innerdalen parkering“ beim Hof Dalen (letzte Parkmöglichkeit für Fahrzeuge).
- Entfernung ab Sunndalsøra: ca. 25 Kilometer / 30 Minuten Fahrzeit
- Parken gebührenpflichtig: 70 NOK werktags / 150 NOK an Wochenenden (Stand 2025)
- Bezahlung per Automat oder App (Vipps / EasyPark) (Übersicht mit allen hilfreichen Apps für Norwegen)
- Sommer (Juni bis August) für geöffnete Hütten und Almbetrieb
- Herbst (September/Oktober) für klare Luft, Ruhe, Farbenspiel – aber ohne Serviceangebote
- Winter und Frühjahr: keine Infrastruktur, eventuell Schneeschuhe / Ski nötig
- Strecke: ca. 3,5 Kilometer pro Richtung, gut 220 Höhenmeter Anstieg
- Dauer: ca. 45–60 Minuten einfach
- Untergrund: breiter Schotterweg, auch für geländetaugliche Kinderwagen geeignet
- Renndølsetra: Sommeralm mit einfachem Café von Mitte Juni bis Mitte August (Webseite)
- Innerdalshytta (DNT): Bewirtschaftet im Sommer, sonst als Selbstversorgerhütte nutzbar – Vorab-Reservierung empfohlen. (Webseite)
- Weitere Informationen auf der deutschsprachigen Webseite von Fjordnorwegen: Norwegens schönstes Gebirgstal

Literaturtipps für deine Reise nach Norwegen
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