Der Mardalsfossen gehört ganz sicher zu den spektakulärsten Wasserfällen in Norwegen. Immerhin ergießt sich das kristallklare Wasser aus dem Bergsee Mardalstjønna über 650 Meter tief in das Eikesdalen. Damit zählt der Mardalsfossen zu den höchsten Wasserfällen in Norwegen, auch wenn es regelmäßig neue Veröffentlichungen zu den einzelnen Platzierungen und entsprechende Diskussionen darum gibt.
Doch unabhängig der Platzierung in diesen Rankings kann der Mardalsfossen einen anderen Erfolg für sich verbuchen. Immerhin ist er seit 2008 als Drehort für das Wikinger Science-Fiktion Epos „Outlander“ weltweit bekannt. Mit einem Hubschrauber nahm man dazu einige Sequenzen dieser übernatürlich schönen Landschaft um den Wasserfall auf.

Darüber hinaus hat der Mardalsfossen bereits eine bewegte Geschichte hinter sich, denn nur dem Widerstand einiger Einheimischer ist es zu verdanken, dass wir das gewaltige Naturschauspiel an einigen Wochen des Jahres überhaupt noch erleben können.
Doch bevor wir im letzten Kapitel dieses Beitrages ausführlicher darauf eingehen, geben wir euch zunächst einen Überblick über die möglichen Aussichtspunkte und Wanderungen zum Mardalsfossen.

Transparenz-Hinweis: Dieser Beitrag enthält gegebenenfalls mit einem (*) markierte Werbe- / Provisionslinks. Mehr dazu im Impressum.
Übersichtskarte Aussichtspunkte und Parkmöglichkeiten Mardalsfossen
Die folgende Karte zeigt, welche grundsätzlichen Optionen es für Wanderungen und Ausblicke zum Wasserfall gibt. Dazu muss vorweggeschickt werden, dass der Wasserfalls alljährlich nur vom 20. Juni – 20. August unreguliert und somit in seiner ursprünglichen Schönheit zu sehen ist.
Faktisch sind die verschiedenen Aussichtspunkte nicht weit voneinander entfernt. Dennoch liegen – schwer vorstellbar – bis zu 3,5 Stunden Fahrzeit zwischen den Parkflächen inmitten der ursprünglichen Bergwelt und dem offiziellen Parkplatz direkt im Eikesdalen. Daher stellen wir euch nachfolgend zunächst die weniger bekannten Insider-Tipps um den Sandgrovbotn in den Bergen oberhalb des Mardalsfossen vor:
Die Aussichtspunkte in den Bergen oberhalb des Mardalsfossen
Anfahrt über die Bergstraße Sandgrovbotnvegen
Eigentlich nur eine scheinbar endlose Schotterpiste und doch zugleich eine abenteuerliche Traumstraße, die sich hier als Sandgrovbotnvegen rund 20 Kilometer durch die grandiose Bergwelt schlängelt. Am Abzweig von der Europastraße E136 weist zunächst lediglich ein lapidarer Wegweiser nach Brude.
Wir folgen der schmalen Straße ein kleines Stück in Richtung Brude, bevor sie sich immer weiter nach oben windet – zunächst noch asphaltiert, später als befestigte Schotterpiste. Oberhalb der Baumgrenze öffnet sich der Blick über das Romsdalen und es lassen sich bereits die Eindrücke der nächsten Fahrkilometer erahnen. An der kleinen Schutzhütte Johannhytta befindet sich ein erster Parkplatz und willkommener Punkt um einmal innezuhalten und den Blick zurück zu genießen.

Im weiteren Verlauf führt der Sandgrovbotnvegen durch eine urwüchsige Landschaft, die bis heute von unzähligen Wasserläufen, Seen und Felsen geprägt ist – umrahmt von einer Kulisse mächtiger Berggipfel. So erreicht man nach etwa 45 Fahrminuten eine kleine Parkfläche mit Platz für etwa 3 – 4 Fahrzeuge (P 2) und nach weiteren rund 10 Fahrminuten den Endpunkt am Stausee Nedste Mardalsvatnet (P 1).


Die Schotterpiste verbindet so auf vollkommen unerwartete Weise das Romsdalen bei Åndalsnes mit den Ausgangspunkten der Wanderungen zum Mardalsfossen, der als Sehenswürdigkeit eigentlich dem weiter entfernten, abgelegenen Eikesdalen zugeschrieben wird – siehe auch unsere Landkarte unter diesem Beitrag.
Der Sandgrovbotnvegen wurde als Anliegerstraße für den Bau und den Betrieb der Wasserkraftanlagen im Gebirge angelegt. Unterhalten wird sie vom Energiekonzern Statkraft, wobei die Benutzung durchweg auf eigenes Risiko erfolgt.
Aufgrund der extremen Bedingungen in den abgelegenen Gebirgsregionen ist die Straße meist bis in den Juli und ab dem ersten Neuschnee gesperrt. Im Prinzip ist die Strecke ansonsten für Wohnmobile bis zu einer Länge von 7 Metern und unabhängig von der Fahrzeughöhe gut zu befahren.
Wanderung zum Aussichtspunkt 1 am Ytste Mardøla

Tatsächlich benötigten wir zwei Anläufe, um auf dieser kurzen Wanderung den Aussichtspunkt zum Mardalsfossen zu erreichen. Die Straße zum Ausgangspunkt (P 1) war bei unserem ersten Versuch, Ende Juni, aufgrund von älteren Schneelawinen gesperrt. Insofern mussten wir unverrichteter Dinge umkehren und es Mitte August erneut versuchen.
Kurz vor der Regulierung des Wasserfalls ab dem 20. August hatten wir Glück: Perfektes Wetter und eine relativ gut befahrbare Schotterpiste an den abgelegenen Stausee. Wir parken auf dem Kieselplatz am Seeufer, wo ein auffallender Weg zum Aussichtspunkt 1 (Ytste Mardøla) beginnt.



Der Weg folgt immer dem Flusslauf, ist nicht zu verfehlen und für fast alle Generationen gleichermaßen gut geeignet. Es sind kaum Höhenmeter zu bewältigen, sodass sich diese Wanderung inmitten dieser unbeschreiblich grandiosen Landschaft ganz besonders für Familien empfiehlt. Alpines Outdoor-Feeling mit wenig Aufwand und geringem Risiko – ein sicherlich unvergessliches Abenteuer.
Nach rund 15 Minuten erreichen wir bereits die Abbruchkante des Ytste Mardøla, der sich an dieser Stelle zu einigen Zeiten als „Kleiner Mardalsfossen“ in das Tal ergießt. Für uns öffnet sich hier der Blick in das Tal und hinüber auf das gesamte Bergmassiv, aus dem der Mardalsfossen auf nahezu epische Weise 650 Meter in das Eikesdalen hinabstürzt.
Wanderung zum Aussichtspunkt 2 an der Abbruchkante des Mardalsfossen
Diese Tour ist etwas herausfordernder als die zuvor beschriebene Variante – bietet aber am Ziel einen schwindelerregenden Blick in die Tiefe, während direkt neben uns tausende Kubikmeter Wasser mit lautem Gebrüll in die Tiefe stürzen.

Von der kleinen Parkfläche (P 2), die etwa 3 – 4 Fahrzeugen Platz bietet, folgt man dem gut erkennbaren Pfad, der im weiteren Verlauf stellenweise mit einem roten „T“ markiert ist. Nach einer kurzen Wegstrecke beginnt ein Abstieg mit leichten Kletterpassagen zum 945 Meter hoch gelegenen See Mardalstjønna, aus dem der Mardalsfossen am anderen Ende ins Eikesdalen stürzt.




Daher folgt man dem Weg am linken Seeufer bis zu der imposanten Uferkante, durch die sich das Wasser seinen Weg bahnt und mit unvorstellbarer Kraft in die Tiefe tost. Von diesem Aussichtspunkt 2 bietet sich zudem ein faszinierender Blick in das Eikesdalen mit dem Eikesdalvatnet.


Für die Wegstrecke vom kleinen Parkplatz bis zum Mardalsfossen sollte man ungefähr 40 – 50 Minuten einplanen und berücksichtigen, dass es auf dieser Wanderung einige kleinere Kletterpartien sowie Geröllfelder gibt.

Aussichtspunkt 3 im Eikesdalen
Fv 191 – der „Eikesdalvegen“ am Ufer des Eikesdalvatnet

Eikesdalvatnet, der größte See in Møre og Romsdal, erstreckt sich über 18 Kilometer von Øverås bis in das abgelegene Dorf Eikesdal. Bis 1990 war diese Ansiedlung im hinteren Teil des Tales nur über eine Seefähre zu erreichen und durch die fehlende Straßenanbindung isoliert.
Erst am 16. November 1990 brachte die neu gebaute Straße Fv 191 entlang des Sees einen Wendepunkt. Mit viel Aufwand wurde diese Strecke gebaut, förmlich in den Fels geschlagen und mit vielen Befestigungen gegen Lawinen oder Erdrutsche gesichert. Seither verbindet diese imposante Straße am Ostufer des Eikesdalvatnet auf rund 20 Kilometern und mit einem 4,3 Kilometer langen Tunnel die Dörfer Øverås und Eikesdal.
Am steilen Talende, einige Kilometer hinter Eikesdalen, führt der außergewöhnliche, kostenpflichtige Aursjøvegen in atemberaubenden Serpentinen und schwindelerregenden Höhen aus dem Tal hinaus. Eine erlebnisreiche Fahrt, die wir ausführlich in unserem Beitrag „Der legendäre Aursjøvegen im Eikesdalen“ vorstellen.

Doch wir bleiben zunächst im Tal und biegen im Dorf Eikesdal auf die kostenpflichtige Zufahrt zum Parkplatz (P 3) am Mardalsfossen ab. Dort befindet das kleine Café Mardalskiosken und ein Souvenirshop – beides in der Sommersaison geöffnet. Hier beginnt auch die meist populäre Wanderung zum Fuß des Mardalsfossen.
Die Mautstation zum Mardalsvegen erfasst automatisch alle Kennzeichen der Fahrzeuge. Man muß innerhalb 48 Stunden nach der Einfahrt die Webseite www.youpark.no aufsuchen und dort sein Kennzeichen ohne Leerzeichen oder Bindestrich (Umlaute = entsprechende reguläre Buchstaben) eingeben und die Summe bezahlen.
Ansonsten erhält der Fahrzeughalter im Nachhinein eine Rechnung über den offenen Betrag zuzüglich einer relativ hohen Bearbeitungsgebühr.

Wanderung zum Aussichtspunkt 3 am Fuß des Mardalsfossen
Die Wanderung vom Parkplatz (P 3) im Eikesdalen gehört sicherlich zu den populärsten Varianten. Der Weg zum Parkplatz ist ebenso wie die restliche Infrastruktur gut ausgebaut und für viele Besucher ausgelegt. Insofern wird man hier – im Gegensatz zu unseren beiden vorab beschriebenen Varianten – das phänomenale Naturschauspiel selten alleine genießen (können).

Der gut ausgeschilderte Weg führt auf einem einfachen 30-45 minütigen Spaziergang an den Fuß des Wasserfalls – dort wo die Wassermassen im Eikesdalen ankommen. Nach rund 700 Metern erreicht man auf dem Weg zunächst das Landschaftsschutzgebiet Maridalen, bevor nach weiteren 800 Metern eine neue Brücke über den Fluß führt. Hier finden sich auch einige Picknick-Plätze. Nach rund 500 Metern öffnet sich am Aussichtspunkt 3 der Blick auf den Wasserfall und mit jedem weiteren Meter läuft man Gefahr, kostenlos in der Gischt zu duschen.

Wer also recht nah an das Wasser herangehen möchte, sollte entsprechende Regensachen mitnehmen. Ingesamt überwindet man auf dieser leichten, familienfreundlichen Route rund 250 Höhenmeter auf einem Weg, der durch eine wunderbare urwaldähnliche Landschaft führt. Das feuchte, geschützte Klima hat ihr ganze Arbeit geleistet und eine einzigartige Fauna geschaffen – im Gegensatz zu der steinigen Umgebung oberhalb des Mardalsfossen.

Fazit zu den Aussichtspunkten rund um den Mardalsfossen
So vielfältig die Möglichkeiten sind, das Naturschauspiel des Mardalsfossen zwischen dem 20. Juni und dem 20. August zu bewundern – so unterschiedlich sind auch die Eindrücke, die man für sich mitnimmt. Alleine die Fahrt zu den Aussichtspunkten 1 und 2 in der Bergwelt oberhalb des Mardalsfossen ist schon ein Erlebnis für sich, aber nicht zu jeder Zeit und nicht mit jedem Fahrzeug zu realisieren. Das führt wiederum dazu, dass man in dieser Abgeschiedenheit viel Ruhe findet und die spektakulären Aussichten teilweise alleine genießen und in Ruhe filmen oder fotografieren kann. Für Naturfreunde ein absolutes Muss.

Wer auf einer größeren Rundreise lediglich einen schnellen Blick auf den Mardalsfossen erhaschen möchte oder ohnehin der Route über den Aursjøvegen durch das Eikesdalen folgt, ist mit einem Abstecher zum Aussichtspunkt 3 besser bedient. Zudem ist dies kurze Wanderroute sehr einfach zu gehen und daher mit Kleinkindern oder für Senioren sicherlich die bessere Wahl.
Wie immer ihr euch entscheidet – wir wünschen „God tur“.
Interaktive Landkarte mit den beiden Anfahrtsstraßen
Mardøla-Aktion: Ein Blick in die bewegende Geschichte eines verschwundenen Wasserfalls
Im Sommer 1970, im malerischen Eikesdalen im norwegischen Møre og Romsdal, entspann sich eine beispiellose Auseinandersetzung um den Umgang mit der Natur und ihren Ressourcen. Schauplatz war der majestätische Mardalsfossen, ein Wasserfall von atemberaubender Schönheit, der für Generationen von Bewohnern und Reisenden mehr als nur eine Sehenswürdigkeit darstellte. Doch dieser Sommer sollte das Schicksal des Wasserfalls und die Zukunft der Region für immer verändern.
Die Debatte über die Nutzung der Wasserkraft in Norwegen war zu dieser Zeit auf ihrem Höhepunkt. Bereits seit einiger Zeit wurden Pläne zur Ableitung des Wassers vom Mardalsfossen für die Energieerzeugung hitzig diskutiert. Während die Regierung die dringende Notwendigkeit betonte, Energie für die industrielle Entwicklung zu gewinnen, formierte sich eine Bewegung des Widerstands.
Der Widerstand formiert sich
Umweltschützer, Bauern und Aktivisten versammelten sich am Sandgrovbotn oberhalb des Wasserfalls, um gegen die drohende Zerstörung dieser gewaltigen Landschaft zu protestieren. Unter der Führung von Sigmund Kvaløy Setereng und mit prominenter Unterstützung vom Philosophen Arne Næss kämpften sie über einen Monat lang mit friedlichem zivilem Ungehorsam gegen die Pläne, ketteten sich an den Felsen fest und versperrten den Baumaschinen den Weg. Das Zeltlager der Aktivisten wurde zu einem Symbol des Widerstands und das Bild von Professor Arne Næss vor dem Wasserfall ging damals um die Welt.
Die Auseinandersetzung gipfelte in einer dramatischen Gegenaktion, bei der mehrere hundert Menschen aus dem Romsdalen gegen die Aktivisten aufbegehrten, denn das geplante Wasserkraftwerk würde den Einwohnern des benachbarten Tales entsprechende Vorteile bringen. Doch die Aktivisten hielten am Prinzip der Gewaltlosigkeit fest und räumten das Lager schließlich aufgrund einer Vereinbarung mit einem Kompromiss. Dennoch konnten sie den Bau des Kraftwerks nicht verhindern und so verschwand der Mardalsfossen 1974 aus dem Eikesdalen.
Das Schleusensystem, das gebaut wurde, als der Wasserfall verschwand, wird seither als Kompromiss jedes Jahr im Sommer vom 20. Juni bis zum 20. August geöffnet. Auf diese Weise können Touristen und Einheimische den Mardalsfossen wieder sehen, aber er ist nur noch ein Schatten seiner selbst….
Bild Übersichtskarte: © Thunderforest / map data © OpenStreetMap contributors under ODbL
Hallo Conny und Mirko,
danke für den Tipp zur Anfahrt über die Bergstraße Sandgrovbotnvegen. Wir sind im August die Schotterpiste bis ganz zum Ende (29.90km) gefahren. Die Größe des Wohnmobils würde ich allerdings auf einen Kastenwagen beschränken. Bei einem integriertem oder teilintegriertem Wohnmobil kann man speziell im Serpentinenbereich am Anfang der Strecke nur hoffen keinen Gegenverkehr zu haben, da Ausweichstellen kaum vorhanden sind.
Für jeden der sich traut ist das Panorama dann einfach unbeschreiblich.