Die schönen Seiten unserer Reise – oder was wir vermissen werden
Es waren lange und intensive Monate, die wir auf unseren Elternzeitreisen in Norwegen und Italien verbracht haben. Aber auch wundervolle Monate, in denen wir zugleich viele Erfahrungen sammeln konnten, die wir euch nun als Tipps für eure Elternzeitreise nach Norwegen weitergeben können. Unsere Erkenntnisse aus dieser Zeit, die so anders war als unser Leben zu Hause, möchten wir daher in diesem Beitrag sehr gern mit euch teilen. Anders – im positiven aber auch im anstrengenden Sinne.
Fast jeden Tag eine neue Gegend zu erkunden, ist einfach etwas ganz Wunderbares. Die Morgenrunden mit dem Hund oder die Abendspaziergänge mit unserem Kleinen waren einfach etwas sehr Besonderes während dieser Zeit. Für unseren heimischen Park in der Stadt sind wir sehr dankbar, kennen aber mittlerweile jede Bank, jeden Baum und jedes Erdloch. So oft neue Gegenden zu erkunden, ist etwas, was uns in nächster Zeit fehlen wird.
Ganz alltägliche Dinge
Unser alltäglichen Erledigungen und unsere To-do-Liste waren unterwegs sehr viel überschaubarer, als sie es zu Hause sind. Keine Steuererklärung, keine Pakete, die bei Nachbarn oder der Post abgeholt werden müssen, keine separaten Hunderunden, die in den meistens recht vollen Tag eingetaktet werden müssen. Keine Termine – keine Arzttermine, niemand der unsere Gastherme oder die Rauchmelder warten möchte – aber auch keine Freunde, die wir besuchen konnten.
Wir hatten einfach viel Ruhe und Zeit für uns, ohne lästige Alltagspflichten. Alle wirklich essenziellen Themen wie zum Beispiel frisches Trinkwasser auffüllen, genügend Essen im Kühlschrank zu haben, sowie einem vollen Tank, um flexibel die Weiterreise zu bestimmen und die Toilette an einer Entsorgungsstation zu leeren, waren leicht abzuarbeiten. Diese überschaubaren Tagesabläufe und die Einfachheit werden uns fehlen, auch wenn wir versuchen, möglichst viel davon mit in unseren Alltag zu nehmen.
Immer an der frischen Luft
Einfach immer draußen sein zu können, ohne viel Mühe, haben wir auch sehr genossen. Weil wir eigentlich ständig in diesem „draußen“ gelebt haben. Es verging kein Tag, an dem wir nicht mindestens eine oder zwei Stunden draußen waren, selbst an ambitionierten Fahr-Tagen. Meistens war es deutlich mehr Zeit, die wir auf unserer Elternzeitreise im Freien verbracht haben.
Und es war schön, immer wieder mit anderen Reisenden ins Gespräch zu kommen und voneinander zu lernen – in Bezug aufs Leben im Auto und auf das Leben im Allgemeinen ☺. Hier zu Hause müssen wir damit leben, dass manche unserer Nachbarn konsumorientierte Nicht-Mülltrenner sind. Das gab es unterwegs wenig. Dafür haben wir nun unsere Freunde wieder im direkten Kontakt, zumindest soweit Corona es zulässt.
Und wir haben Norwegen mit einer großen Dankbarkeit verlassen. Dankbarkeit, für die große Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft (als wir uns beispielsweise im Sand festgefahren hatten :D). Dankbarkeit, für die vielen gepflegten Versorgungs- und Entsorgungsstationen und sehr netten und günstigen Campingplätze. Es ist wunderbar, dass es in einem landschaftlich so unfassbar schönen Land auch noch so gut möglich ist, mit einem Wohnmobil unterwegs zu sein.
Die anstrengenden Seiten unserer Reise – oder wofür wir zu Hause dankbar sind
Natürlich haben wir uns unterwegs gestritten und sind an unsere emotionalen und körperlichen Grenzen gekommen. Und auch nicht nur einmal. Das wäre aber – insbesondere im ersten Jahr mit Baby – wahrscheinlich auch zu Hause passiert. Schön ist, dass wir jetzt wieder mehr Raum für uns haben.
Zu Hause können wir in Ruhe ins Bad gehen, wenn das Baby schläft oder Yoga machen, wenn schlechtes Wetter ist. Und überhaupt kann man das Bad benutzen, ohne dass sich hinterher jemand nochmal um Wasser und Toilette kümmern muss. Verrückt, das Abwasser fließt einfach in die Wand!
Einer unserer ersten Wege zurück in Deutschland führte uns in einen Biomarkt – endlich wieder bezahlbares Bio-Essen kaufen! Vegane Aufstriche, gutes Brot. Das haben wir in Norwegen tatsächlich sehr vermisst. Gerade Luise legt insbesondere während der Stillzeit (und mittlerweile auch aufgrund der Beikosteinführung bei unserem Sohn) großen Wert auf gutes Essen. Wir hatten einige Lebensmittel mit, aber natürlich nicht für 3 Monate.
Das Bedürfnis nach Sicherheit kommt im heftigen Sturm
Und uns ist auch nochmal die Abwägung von Freiheit und Sicherheit klarer geworden. Es gab in Norwegen nur eine einzige Nacht, in der wir wirklich Angst im Auto hatten. Wir standen irgendwo zwischen der Atlantikküstenstraße und den Lofoten an einer richtig schönen Steilküste einsam und allein. Nachts wurde es allerdings so windig, dass wir beide davon aufgewacht sind und uns im Halbschlaf schon gefragt haben, ob Wind eigentlich ein 3,5t-Auto umwerfen kann. Wir haben dann tatsächlich gegen halb 4 entschieden, die Keile reinzuholen und umzuparken. Wir sind natürlich nicht wieder eingeschlafen und die Nacht war gelaufen. Das ist etwas, das uns in einer festen Wohnung nicht passiert und auch ein schönes Gefühl ist, wieder mehr Schutz und Sicherheit zu haben. Etwas, was uns vorher gar nicht so bewusst war.
Noch mehr Erkenntnisse nach der Rückkehrgibt es in unserem ausführlichen Beitrag auf unserem Blog “zeitgeistich”: „Von 8 zurück auf 80qm – 12 Erkenntnisse nach einem halben Jahr im Wohnmobil“.
Tipps, Gedanken und Erfahrungen für deine Elternzeitreise nach Norwegen
Wir sind losgefahren, als unser Sohn 10 Wochen alt war und sind (aus Italien) zurückgekommen, als er fast 7 Monate war. Das war im Nachhinein für uns das ideale Alter, um mit ihm unterwegs zu sein. Sein Bewegungsbedürfnis und „An-allem-Rumfummel-Bedürfnis“ (auch an den Öffnungen der hinteren Fenster zum Beispiel) hat in den letzten anderthalb Wochen vor unserer Rückkehr so stark zugenommen, dass wir das ganz dankbar waren, bald wieder zu Hause zu sein. Und wir hatten die glückliche Situation, dass Luise Oskar die gesamte Zeit voll gestillt hat, was das Reisen mit Baby natürlich um ein Vielfaches entspannt. Später muss man sich auf jeden Fall deutlich mehr Gedanken über Baby-Essen machen, wobei das mit Sicherheit auch gut geht.
Bloß nicht zu viel vornehmen
Wichtig – neben der ganzen Recherche und Vorbereitung – ist unserer Meinung nach, ohne ganz festen Plan im Kopf loszufahren. Es ist so wichtig und entspannt ungemein, das Reisetempo an die eigenen Bedürfnisse und die des Kindes anzupassen. Wenn es bei uns mal stressig wurde, dann fast immer, weil wir in zu kurzer Zeit zu viel wollten. Reisen mit Kind dauert einfach länger. Wenn wir richtig ambitionierte Fahr-Tage hatten, und das auch erst gegen Ende der Reise, haben wir „netto“ 5h Fahrzeit an einem Tag zurückgelegt. Dafür waren wir aber gut und gerne mit allen Pausen auch 12 Stunden unterwegs. Entspannt waren so anderthalb Stunden am Tag, bis zu drei Stunden ging auch irgendwie noch, dann ist aber auch sonst außer „fahren“ nicht viel passiert.
„Ohne festen Plan“ betrifft im Übrigen auch die Abfahrtszeit – wir hatten kein Datum festgelegt, aber uns auf einen bestimmten Montag zur Abfahrt vorbereitet. Tatsächlich gefahren sind wir Donnerstag Abend… und es war gut, diesen Puffer zu haben.
Schlafzeiten des Kindes ausnutzen
Der Tagesplan richtete sich bei uns sehr stark nach Oskars Schlafphasen. Nach dem Aufwachen hatten wir immer ungefähr anderthalb Stunden Zeit, bis er wieder müde wurde. Oft haben wir in der Zeit gefrühstückt, waren mit dem Hund draußen und haben das Auto abfahrfertig gemacht. Wenn wir das zeitlich nicht geschafft haben (oder nicht schaffen wollten), hat er nochmal hinten auf dem Bett ein Stündchen geschlummert. Das bedeutete aber auch, nach dem Aufwachen nochmal mindestens anderthalb Stunden an Ort und Stelle zu stehen bis er wieder müde wurde. Denn mit einem gerade aufgewachten Kind brauchten – zumindest wir – nicht losfahren.
Wach im Autositz hat er es meistens gerade so 10 Minuten ausgehalten, bevor er unglücklich wurde. Das hat mal gerade so gereicht, um zur nächsten VE-Station zu kommen. Sich so stark danach zu richten, was der Kleine braucht, ist natürlich anstrengend und auch eine Art Termindruck. Es entspannt aber letztlich ungemein, weil es dann möglich wird, einen klaren Plan zu fassen (oder mit Klarheit zu entscheiden, eben erst in seiner zweiten Schlafphase zu fahren) und auch dadurch möglich wurde, mal eine etwas längere Strecke am Stück zu fahren.
Nach der Reise – Gemeinsame Zeit zu Hause einplanen
Was wir auch sehr empfehlen können ist, nach der Rückkehr Zeit einzuplanen, bevor beispielsweise einer der Eltern wieder arbeiten muss oder man sich sonst nach externen Anforderungen richten muss. Ein Wohnmobil komplett auszupacken dauert einfach gefühlt ewig, auch wenn man nur die Dinge des täglichen Bedarfs mitnimmt. Und wenn dann noch dazukommt, dass immer nur einer etwas machen kann während der andere aufs Baby aufpasst wird aus „ewig“ ungefähr „unendlich“. Außerdem haben wir etwas unterschätzt, dass für unseren Sohn dieser „Umzug“ natürlich auch eine große Angelegenheit war. Die ersten 2 Nächte zu Hause waren deswegen relativ unruhig und es hat insgesamt fast eine Woche gedauert, bis wir das Gefühl hatten, dass er wirklich angekommen ist.
Unsere Wohnung während der Reise
Darüber hinaus haben uns viele Menschen gefragt, ob wir denn unsere Wohnung untervermietet haben, wenn wir so lange nicht da sind. Nein, haben wir nicht. Das kostet natürlich nochmal extra Geld, allerdings war es uns wichtig, eine „Rückfalloption“ zu haben, wenn irgendwas ganz doof wird. Wenn wir gemerkt hätten, reisen funktioniert für uns so gar nicht, irgendjemand richtig krank geworden wäre oder zufällig mal wieder so eine weltweite Pandemie ausbricht, wollten wir uns – insbesondere mit Baby – nicht noch Gedanken machen müssen, wo wir dann unterkommen. Das würden wir auch wieder so machen. Zudem war die Abfahrt so schon relativ stressig, wenn dann noch Wohnung putzen & Übergabe als zusätzliches To-do dazukommt, wird es nicht besser.
Viele weitere Tipps unserer Elternzeitreise in Norwegen mit ausführlichen Details zu den Themen stillen, wickeln, wandern und Co. haben wir im folgenden Artikel auf unserem Blog “zeitgeistich” zusammengefasst: 6 Monate mit Baby und Hund im Wohnmobil.
Würden wir eine Elternzeitreise im Wohnmobil weiterempfehlen?
Und obwohl es doch oft anstrengend war, würden wir so eine Reise jederzeit wieder machen. Wir haben unglaubliche Regenbögen gesehen und riesige Berge, Fjorde – menschenleer. Wir haben drei Nächte aufeinander direkt an einem Fjord verbracht, draußen im T-Shirt in der Sonne gegessen und Yoga gemacht. Unseren Sohn haben wir auf verschiedene Gipfel getragen und Abendspaziergänge im Sonnenuntergang gemacht. Zudem haben wir fast immer am Wasser oder mit Wasserblick übernachtet. Ein besonderes Highlight waren die beeindruckenden Gletscher. Es war toll, unseren Hundeopa im Schnee toben zu sehen und das im Juli! Wir waren so richtig, richtig frei. Drei Monate ohne Termine. In jedem Fall würden wir jeder Familie, die Lust darauf und die Zeit hat, so eine Erfahrung wünschen.
Die beiden ersten Teile dieser Beitragsreihe zur Elternzeit-Reise nach Norwegen
- Erster Teil dieser Beitragsserie “Die Vorbereitungen auf unsere Elternzeitreise mit dem Wohnmobil nach Norwegen“
- Zweiter Teil dieser Beitragsreihe “Mit dem Wohnmobil in der Elternzeit bis auf die Lofoten in Norwegen“
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