Der sagenumwobene Hestmannen, der in einsamer Erhabenheit 571 Meter hoch über dem Meeresspiegel thront, hat zu allen Zeiten große Aufmerksamkeit erregt und war schon immer ein signifikantes Wahrzeichen für die Seefahrer an der Helgelandskysten. Der spitze Gipfel des Hestmannen erinnert dabei an die Form eines Reiters auf einem Pferd und ist deshalb seit jeher von einer Vielzahl an Mythen umgeben. Laut der bekannten Helgelandssaga verkörpert der Berg für die Menschen in der Region einen versteinerten Bösewicht. Für uns ein guter Grund, bei einer Wanderung auf den Hestmannen diesem Mythos näher zu kommen …

Um den Gipfel des Hestmannen zu erreichen, ist zunächst eine Überfahrt mit der täglich verkehrenden Autofähre oder dem Linienboot vom Festland zu einer kleinen Insel vor der Helgelandskysten erforderlich. Diese Insel, bekannt unter verschiedenen Namen, erstreckt sich über die Gemeindegrenzen von Rødøy und Lurøy.
Der nördliche Inselteil, Storselsøy, gehört zu Rødøy, während der südliche Inselteil, Hestmona, zu Lurøy zählt. Historische Überlieferungen deuten darauf hin, dass diese Inselteile einst zwei separate Inseln waren. Der Rückzug des Meeresspiegels führte jedoch dazu, dass sie zu einer einzigen Insel verschmolzen.
Heute ist das Eiland die Heimat von etwa 50 festen Einwohnern, die hauptsächlich im nördlichen, deutlich flacheren Teil leben. Restaurants, Cafés und Unterkünfte sucht man auf der Insel also vergebens. Daher empfiehlt sich in der Regel lediglich ein Tagesausflug vom Festland oder alternativ eine Tour mit dem Zelt, um auf der Insel zu übernachten. Dafür bieten sich die Buchten Solvika und Storvika an. Die Uferwiesen oberhalb der feinsandigen Strände sind für ein Picknick oder eine Nacht im Zelt einfach perfekt geeignet.

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Wir erreichen den Kai von Hestmona am Morgen mit dem ersten Linienboot vom Festland. Hier schultern wir unsere Rucksäcke und beginnen direkt unsere Wanderung auf den Hestmannen:
Ausgangspunkt der Wanderung auf den Hestmannen
Die Tour auf den Hestmannen lässt sich, ebenso wie viele weitere Wanderungen an der Helgelandskysten, perfekt mit einer Reise auf dem Kystriksveien (Fv17) kombinieren. Dazu verlässt man diese populäre Küstenstraße (Fv17) aus südlicher Richtung kommend kurz vor Øresvik, beziehungsweise aus der entgegengesetzten Richtung gleich nach Øresvik und folgt an einem Abzweig der Fv439 bis zum Bootsanleger in Tonnes. Hier gibt es unter anderem Parkplätze, einen kleinen Supermarkt und ein Bed & Breakfast.

Vom Anleger in Tonnes verkehrt an den meisten Tagen mehrmals ein Linienboot (Linie 18-193) zum südlich gelegenen Hurtigbåtkai auf Hestmona – dem Ausgangspunkt unserer Wanderung auf den Hestmannen. Tatsächlich kann man die Insel auch mit einer Autofähre erreichen, die im Fährhafen im besiedelten Inselnorden anlegt. Aufgrund der fehlenden Infrastruktur und damit kaum vorhandener Parkplätze auf Hestmona empfehlen wir jedoch, tatsächlich nur einen Tagesausflug mit dem Linienboot zu planen.
Die Überfahrt dauert etwa 15 bis 20 Minuten, je nach Anzahl der angelaufenen Haltestellen auf der Strecke. Die Routen, Fahrpläne und Abfahrtzeiten findet ihr auf der Webseite Reisnordland.

Bereits die Überfahrt an Bord des Schiffes nach Hestmona versetzt Einen ins Staunen: Es scheint einfach kaum vorstellbar, dass man diesen 571 Meter steil aufragenden Berg tatsächlich erklimmen kann …
Der Weg auf den Hestmannen
Die Wanderung vom Bootsanleger im Süden von Hestmona ist übrigens deutlicher kürzer, als der Weg vom Fährhafen im Inselnorden. Überdies ist die Wanderroute auf den Hestmannen bereits ab dem Hurtigbåtkai perfekt ausgeschildert.

So folgen wir zunächst der ruhigen Anliegerstraße in Richtung eines charmanten Bauernhofes, der direkt am Fuß unterhalb des Berges liegt. Auch hier ist der Weg durchweg mit Wegweisern zum „Hestmann“ markiert und auch im weiteren Verlauf gut zu finden. An einer Gabelung vor dem Bauernhof biegt man links ab und folgt einem breiten Weg über das bäuerliche Grundstück, bevor man ein weiteres Mal abbiegen muss. Hier weist ein Schild nach links in den Wald und hier beginnt zugleich der erste, zunächst moderate Anstieg.


Der Wanderweg auf den Hestmannen ist durchweg sehr abwechslungsreich, wird allerdings mit jedem Höhenmeter anspruchsvoller. Schon erreichen wir die Baumgrenze und in der Ferne werden erstmals deutlich die markanten Antennen einer alten NATO-Funkstation sichtbar, die wie Wächter über der umliegenden Landschaft thronen. Das Vorankommen wird nun etwas herausfordernder, denn das offene Terrain ist fortan deutlich steiniger.


An Seilen bis zur stillgelegten NATO-Radarstation
Die Passage bis zur NATO-Station ist stellenweise mit einem stabilen Seil gesichert, was einen Hauch von Abenteuer und uns zugleich ein Gefühl der Sicherheit vermittelt. Letzten Endes half es perfekt bei der Orientierung und wir benötigten keine Hilfsmittel bis zu den unteren Funkmasten.

Das Erreichen der NATO-Station wird mit einem faszinierenden Blick auf den surreal geformten Kegelberg Ambåta belohnt, den man nur von hier oben in seiner ganzen Pracht bestaunen kann. Dieser imposante Berg erscheint hier irgendwie etwas deplatziert, wie aus einer anderen Welt, von einem fernen Planeten …

Das Gelände der stillgelegten Militäranlage darf weiterhin nicht betreten werden und ist nach wie vor durch Kameras überwacht.
Das nächste Teilstück der Wanderung, der Aufstieg zur oberen Funkstation, erweist sich nochmals herausfordernder. Doch erneut hilft ein festes Seil, um die steilsten Passagen zu überwinden. Tatsächlich sind wir auf diesem Abschnitt froh, an dem gespannten Seil stellenweise etwas zusätzlichen Halt zu finden.
Der Wendepunkt – unser Ziel auf dem Hestmannen

Mit dem Betreten der hölzernen Terrasse an der zweiten, höhergelegenen Antennenstation öffnet sich der Blick in viele weitere Richtungen. Das großartige Panorama über die zahlreichen kleinen Inseln vor der Helgelandskysten bis hinüber zum Festland wirkt fast magisch und ist nur schwer in Worte zu fassen.
In der klaren Herbstluft reicht unser Blick bis nach Lovund und Træna, die beiden charakteristischen Inselformationen die weit draußen im Meer liegen. In die andere Richtung können wir bereits Rødøy mit dem schroffen Gipfel des Rødøyløva ausmachen – unserem nächsten Ziel.

Hier, an der oberen Antennenstation haben Wanderer die (schwere) Wahl, ob sie umkehren oder die letzten Höhenmeter auf den spitzen Gipfel bewältigen möchten. Deshalb ist dieser Aussichtspunkt gleichzeitig als sogenannter “Wendepunkt” bekannt.
Tatsächlich setzen nur hier die Mutigsten ihren Aufstieg fort und wagen sich an die letzte Passage, die bis zur Gipfelpyramide des Hestmannen führt. Dieses letzte Teilstück gilt als äußerst abschüssig und es gibt keine Seilsicherung. Daher wird dieser ausgesetzte felsige Abschnitt als besonders gefährlich eingestuft. Deshalb sind für die letzte Etappe Trittsicherheit und Schwindelfreiheit absolute Voraussetzungen. Die Gipfelpyramide am Ziel soll nicht nur mit einem weiteren erhabenen Ausblick belohnen, sondern besonders mit dem Stolz, die Herausforderung gemeistert zu haben.

Für uns “reicht” jedoch der Wendepunkt und die letzte Passage erscheint uns zu riskant, sodass wir auch einem Picknick wieder absteigen. Da noch reichlich Zeit bis zur letzten Abfahrt des Linien-Bootes ist, schlendern wir noch zu den Stränden im Inselnorden und erholen uns dort von den Strapazen der Gipfeltour auf den Hestmannen.

Karte, Fakten und GPX Daten der Wanderung auf den Hestmannen
- Hier findest du eine Übersicht zu den Einstufungen und Kriterien der Schwierigkeitsgrade in Norwegen.
- Die Wanderung auf den Hestmannen gilt als anspruchsvoll und der Trail wird stellenweise durch Seile gesichert.
- Wohnmobil-Stellplatz in der Nähe: 12 herrliche Stellplätze mit Strom und einem Servicehaus in der Marina Kvina Båtforeninng.
- Der Pfad zur Gipfelpyramide ist gefährlich. Es gibt keine Sicherung und das Gelände ist extrem abschüssig.
- Wir empfehlen am Wendeplatz (Holzsteg) ein Picknick einzulegen und die unglaubliche Aussicht zu genießen 🙂
- Es gibt unterwegs keine Möglichkeit zur Aufnahme von frischem Trinkwasser.

Literaturtipps für deine Reise nach Norwegen
Equipment für die perfekte Wanderung
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