Immer mehr Menschen aus dem deutschsprachigen Raum machen von der europäischen Freizügigkeit Gebrauch und entscheiden sich dazu, nach Norwegen oder in andere nordeuropäische Länder auszuwandern. In unserer Interviewreihe “Ausgewandert nach Norwegen” geben sie uns Einblicke in ihre Beweggründe, ihren Erfahrungsschatz und die Lehren, die sie aus ihrer Auswanderung gezogen haben.
Wir erfahren, was sie motiviert hat, wie sie ihren Weg gemeistert haben, welche Veränderungen sie heute vornehmen würden und ob sie ihre Entscheidung bereuen. So können diese Auswanderer ihre wertvollen Erfahrungen mit euch teilen und euch dabei unterstützen, eure eigenen Pläne zu realisieren.
Im dritten Teil unserer Interviewreihe “Ausgewandert nach Norwegen” stellen wir euch diesmal Katrin und Gerd vor, die 2009 Deutschland hinter sich gelassen haben, um in Norwegen einen neuen Lebensmittelpunkt zu finden. Ob die Beiden dort ihr Glück gefunden hat, erfahren wir im nachfolgenden Interview…
- Name: Katrin & Gerd
- Alter: 58 & 54 Jahre
- Zielland: Region Mittelnorwegen/ Trøndelag – Halbinsel Fosen (Norwegen)
- Aufenthaltsdauer in der Wahlheimat: bereits seit 14 Jahre in Norwegen
- Beruf oder ausgeübte Tätigkeit: In Deutschland waren wir in der Gastronomie tätig, und nach unserer Auswanderung haben wir viele Jahre in einer Lachsschlachterei gearbeitet. Später haben wir dann unser eigenes Unternehmen gegründet. Nun vermieten wir Ferienhäuser (direkt am Meer gelegen) sowie Boote an Touristen. Im Winter arbeitet Katrin gelegentlich noch in der Schlachterei, wenn wir nicht gerade in Deutschland sind, um unsere alte Heimat zu besuchen.


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- Wann hattet ihr erstmals die Idee oder den Wunsch auszuwandern und wie seid ihr gerade auf Norwegen als neue Heimat gekommen?
Der Wunsch auszuwandern entstand, als ich meine Frau Katrin im Februar 2008 erstmals mit nach Norwegen nahm. Der ursprüngliche Grund für die Reise war, ihr zu zeigen, wo wir Männer immer zum Angeln hingefahren. Katrin fühlte sich dort sofort wohl und äußerte, dass dies eine großartige Idee für uns sein könnte.
- Was war für euch dann letztendlich ausschlaggebend, tatsächlich nach Norwegen auszuwandern?
In Deutschland betrieben wir einen Landgasthof mit Gaststätte und Hotelzimmern. Unsere Arbeitszeiten erlaubten uns praktisch kein Familienleben, da wir keinen Ruhetag hatten, abgesehen vom 24. Dezember. Zusätzlich führte die damalige Finanzkrise dazu, dass es immer schwieriger wurde, unseren Lebensunterhalt in dieser Branche zu verdienen. Diese Faktoren zusammen führten dazu, dass wir uns entschlossen, unserem Leben eine neue Wendung zu geben und nach Norwegen auszuwandern.
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Großer Ratgeber zum Auswandern: Den Traum verwirklichen
Zu oft lassen wir unsere Träume unbeachtet verwehen. Der Wunsch, in einem fremden Land zu leben, ein neues Kapitel zu beginnen und das Wunderbare von Grund auf neu zu erleben, schlummert in uns. Der Traum von der Auswanderung! Aber warum warten? Träume sollten gelebt werden – warum nicht jetzt?
- Wie und wie lange habt ihr euch auf diesen Schritt vorbereitet?
Als wir zurück waren, begann Katrin im Internet auf dem Portal www.finn.no nach einem passenden Haus für uns zu suchen. Im Herbst 2008 fand sie eines – das auch heute noch unser Zuhause ist. Wir nahmen kurzentschlossen Kontakt zum Besitzer auf und vereinbarten einen Besichtigungstermin für Februar 2009. Dann ging alles ganz schnell! Unseren Einzug ins neue Heim feierten wir bereits am 26.03.2009.
- Wie haben eure Familien und Freunde reagiert, als sie von den Plänen erfahren haben?
Unsere Familie und Freunde reagierten durchweg positiv auf unsere Pläne. Sie äußerten Respekt dafür, dass wir diesen nicht ganz einfachen Schritt wagten und wünschten uns alles Gute auf unserem Weg.
- Was fandet ihr bei der Umsetzung eures Plans am Schwierigsten?
Da alles sehr schnell ging, hatten wir kaum Zeit, darüber nachzudenken. Im Nachhinein stellte sich jedoch die Beschaffung einer norwegischen Steuernummer als besonders knifflig heraus, da sie hierzulande die Grundvoraussetzung für nahezu alles ist. Ohne sie kann man weder ein Telefon anmelden noch andere grundlegende Dinge erledigen. Erschwerend kam hinzu, dass entgegen unserer Vereinbarung mit dem neuen Arbeitgeber vor Ort, nur ich einen Arbeitsvertrag erhielt. Damit stand uns leider vorübergehend nur ein Einkommen zur Verfügung und brachte zusätzliche Herausforderungen mit sich.


- Habt ihr euch bereits in Deutschland um einen Job in eurer neuen Wahlheimat bemüht oder habt ihr erst am Zielort angefangen eine Arbeit zu suchen?
Wir haben uns um einen Job in Verbindung mit der Hausbesichtigung gekümmert. Dabei hat uns auch der frühere Hausbesitzer unterstützt.
- Gab es besondere bürokratische Hürden bei der Auswanderung aus Deutschland bzw. bei der Einwanderung nach Norwegen?
Wie bereits erwähnt, war die lange Bearbeitungszeit zur Erlangung der norwegischen Steuernummer die größte bürokratische Hürde.
- Wie verständigt ihr euch in Norwegen? Kommt man auch gut mit Englisch zurecht?
Nachdem wir in mehreren Kursen die norwegische Sprache erlernt haben, kommunizieren wir hauptsächlich auf Norwegisch. Es gibt jedoch viele ausländische Arbeitskräfte hier, die es bevorzugen, auf Englisch zu kommunizieren.


- Gibt es kulturelle Unterschiede zwischen uns Deutschen und den Norwegern? Und wenn ja – war es schwer mit diesen umzugehen?
Ja, es gibt definitiv kulturelle Unterschiede zwischen den Deutschen und den Norwegern. Einer der auffälligsten Unterschiede ist die Betonung der Geduld in Norwegen. Das Sprichwort “ting tar tid” – alles dauert seine Zeit – prägt die Art und Weise, wie hier alles angegangen wird. Diese entspannte Haltung erforderte von uns eine gewaltige Umstellung.
Ein weiterer bemerkenswerter Unterschied war für uns der Umgang mit Alkohol. Obwohl wir aus der Gastronomiebranche kommen, waren wir überrascht, wie viele Menschen bereits zu Beginn von Veranstaltungen betrunken waren.
- Habt ihr euch inzwischen gut eingelebt und fühlt ihr euch integriert?
Ja, wir haben uns inzwischen gut eingelebt und fühlen uns integriert. Unsere Erfahrung ist, dass die Norweger tendenziell eher zurückhaltend sind, oft ihr eigenes Ding machen und unter sich bleiben. Aber alles in allem fühlen wir uns hier wohl und kommen gut zurecht. Man sollte immer im Hinterkopf behalten, dass wir als Ausländer hier sind und das auch bleiben.

- Sind die Lebensunterhaltungskosten höher oder niedriger als in Deutschland?
Generell sind die Lebensunterhaltskosten hier in Norwegen höher als in Deutschland. Die Ausnahme bildet lediglich der Strom, der eigentlich günstiger ist. Allerdings änderte sich dies im letzten Winter und lag zeitweise bei Spitzenpreisen von bis zu 10 NOK pro Kilowattstunde. Angesichts dieser Entwicklungen haben wir uns entschieden, auf Photovoltaik umzusteigen, um in der Zukunft unabhängiger zu sein.
- Gab oder gibt es Kosten die dich tatsächlich überrascht haben?
Nun, die Überraschung war nicht allzu groß, da ich hier zuvor schon mehrmals im Urlaub war. Allerdings sind die Kosten für Alkohol extrem hoch und somit ein teures Vergnügen in Norwegen. Ebenso sind die Kosten für Autos im Vergleich zu Deutschland sehr teuer.
- Könnt ihr drei Punkte aufzählen was euch am Leben in Norwegen am meisten gefällt?
- die Ruhe
- der geringe Autoverkehr in unserer Region
- das Meer und die damit verbundene Natur
- Was vermisst du aus Deutschland und was überhaupt nicht?
Die größte Herausforderung besteht zweifellos in der Entfernung zu Familie und Freunden. Um sie zu besuchen, ist man eine ganze Weile unterwegs, und spontane Besuche sind leider nicht möglich. Während unseres Heimaturlaubs verspüren wir stets den großen Wunsch – mal wieder beim Italiener oder Griechen essen zu gehen. In unserer unmittelbaren Umgebung gibt es aufgrund des begrenzten Angebots keine Möglichkeit dazu, und selbst wenn, wäre dies finanziell kaum darstellbar.
- Habt ihr eure Auswanderung nach Norwegen irgendwann einmal bereut?
Nein!

- Seht ihr euch in 10 Jahren immer noch in eurer Wahlheimat?
Ja, unter der Voraussetzung, dass sich nichts Wesentliches ändert. Schließlich hängt das von einer Vielzahl von Faktoren ab.
- Was würdet ihr Menschen raten, die ebenfalls damit liebäugeln auszuwandern?
Unser Ratschlag an all jene, die mit dem Gedanken spielen, auszuwandern, lautet: Zögert nicht und wagt diesen Schritt, auch wenn er nicht unbedingt einfach sein wird. Bei unserem Entschluss, in Norwegen ein neues Leben zu beginnen, waren wir bereits recht spät dran. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Sprache des Ziellandes zu erlernen, da dies die Integration erheblich erleichtert.
Außerdem empfehlen wir, über ausreichend finanzielle Mittel zu verfügen, um den Umzug und die Anfangszeit abzusichern. Ein erheblicher Teil unserer finanziellen Ressourcen floss in den Kauf unseres eigenen Hauses. Dies verschaffte uns die Freiheit, schuldenfrei zu sein und unseren Neuanfang unbeschwerter anzugehen.
- Hand aufs Herz: Würdet ihr es wieder tun?
Ja, in jedem Fall! Allerdings hätten wir es eigentlich schon mindestens 5 Jahre früher tun sollen.
- Im Rückblick: Was würdet ihr heute anders machen?
Im Rückblick würden wir eigentlich nichts grundlegend anders machen. Man muss sich halt durchbeißen und darf nie vergessen, dass man nur Gast in einem anderen Land ist.
Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit genommen habt, an diesem Interview teilzunehmen. Eure Einblicke und Erfahrungen sind äußerst wertvoll und werden anderen Menschen sicherlich bei ihren eigenen Überlegungen zur Auswanderung hilfreich sein. Wir wünschen euch von ganzem Herzen weiterhin erfüllte Jahre in eurer Wahlheimat Norwegen.
Du möchtest weitere spannende Einblicke zum Thema “Auswandern nach Norwegen” erhalten? Dann schau gerne hier:
Ausgewandert nach Norwegen (II): Die Geschichte von Kai & Sandy aus Røros
Ausgewandert nach Norwegen (I): Interview mit Thommy (Bergen)
Zudem hat das Skandinavien-Magazin NORR in dem Beitrag “Auswandern nach Norwegen – 13 Tipps für einen erfolgreichen Start” zusammengefasst.
Habt ihr ebenfalls Lust, eure Auswanderer-Geschichte mit unseren Lesern zu teilen…? Dann kontaktiert uns gern per E-Mail – wir melden uns daraufhin bei euch.
GRATULIRE ! Super Fotos , Super Kommentare . Ich bin 85 Jahre Alt , und kann schon nicht mehr Reisen . Also , ich kann nur Bilder aus Norwegen mit angenehme Erinnerungen Gennissen ! Ein herzlichen Dank ! Schöne Grüße !
ANDREAS SCHULZ