Ich war noch ziemlich klein, doch ich erinnere mich ganz genau: Meine Eltern fuhren 1979 mit uns zu einem Berg mit Namen Bulbjerg am Strand und schnatterten ganz aufgeregt darüber, dass jetzt ein gewisser Starreklit weggebrochen sei. Ob ich mich denn noch an den Felsen erinnern könne? Nein, das konnte ich nicht.
Ich war damals fünf Jahre alt und wollte viel lieber zum Strand, als auf einen langweiligen Felsenrest im Meer gucken. Dieser Bulbjerg hatte für mich nicht einmal annähernd den Reiz, den er auf meine Eltern auszuüben schien. Und so vergaß ich ihn.
Bis vor wenigen Wochen…
Transparenz-Hinweis: Dieser Beitrag enthält gegebenenfalls mit einem (*) markierte Werbe- / Provisionslinks. Mehr dazu im Impressum.
Ausflug zum Felsen Bulbjerg – die Schulter Dänemarks
Im Februar sorgte ein starker Kälteeinbruch in Nordjütland für kristallklare Luft und noch weitere Fernsicht als üblich. Und so beschlossen wir, dem höchsten Berg Nordjütlands endlich einen Besuch abzustatten:
Der Bulbjerg befindet sich an der Jammerbucht zwischen Hanstolm und Blokhus und ermöglicht einen phantastischen Blick über die beliebte Urlaubsregion.
Schon oft hatten wir über dessen aberwitzige Höhe von 47 Metern, die ihm also die Bezeichnung „Berg“ verleiht, geschmunzelt. Als Bayern belächelten wir diese 47 Meter Berg quasi als Schlittenberg, doch das eiszeitlich hügelige Vendsyssel ist eher flach. Daher ragt der Bulbjerg tatsächlich beinahe majestätisch aus dem Land heraus und wird seinem Namen durchaus gerecht.

Bulbjerg – Blick auf 65 Millionen Jahre in der Erdgeschichte
Als wir am Strand auf den Bulbjerg zugingen, hielten nicht nur die Kinder die weißen Hubbelchen im Sand voreilig für Schaum. Ich war überrascht, als sich der vermeintliche Schaum in Kalkgestein aus der Kreidezeit verwandelt hatte.
Der Bulbjerg, auch Jütlands Schulter genannt, ist der einzige Felsen in Jütland und bietet vielen Vogelarten eine Heimat. Nähert man sich ihm, werden die Spuren der Abtragung durch die Naturgewalten immer deutlicher sichtbar.
Der witzige Schattenwurf des Warnschildes ist also gar nicht so makaber angesichts der Tatsache, dass der Kalkfelsen einer ständigen Erosion durch Wind und Wetter ausgesetzt ist. Unbarmherzig verschlingen die Wellen der Nordsee mehr oder weniger große Kalksteinstücke und lagern jene schließlich am Strand ab.

Viele dieser Kalksteine sind durchlöchert, haben bizarre Formen und gestalten zusammen mit abgerundeten Kieselsteinen und unzähligen Hühnergöttern ein lebhaftes Kunstwerk der Zeit.
„Ursprünglich war Bulbjerg eine vom Meer, das bis zum Beginn unserer Zeitrechnung Teile der Landschaft Thy bedeckte, umgebene Insel, zumal der Felsen während der Wikingerzeit als eine Peilmarke zur Anzeige dessen diente, wo sich die Öffnung hin zur Nordsee befand. Damals befuhren die Schiffe von der Wikingerburg Aggersborg den Limfjord Richtung Vust und erreichten am Ende Bulbjerg, im 12. Jahrhundert kam es aber zur Versandung dieser Route, so dass aus dem Sund Limfjord vorübergehend ein Fjord wurde.“
Quelle: Visit Nordjydland
Seit 1825 ist der Limfjord übrigens wieder zu einer Meeresstraße, also einem Sund, durchgebrochen. Und darum wohnen meine Familie und ich jetzt auf der zweitgrößten Insel des Inselreichs Dänemarks, welche aber irgendwie überhaupt nicht als solche wahrgenommen wird: Nordjütland.
Ein Paradies für Fotografen und kleine Schatzsucher
Das Meer reicht ein Stück unter den Felsen hinein und erlaubt ganz Mutigen besondere Fotomotive. Als wir den Bulbjerg besuchten, kündigte sich bereits früh ein spektakulärer Sonnenuntergang an und daher war mein wundervoller Ehemann nicht der einzige, der auf der Jagd nach dem Meistershot war. Unser Familienalbum füllte sich an diesem Nachmittag enorm:
Während mein Lieblingsfotograf voller Begeisterung ein Foto nach dem anderen knipste und am liebsten in den Felsvorsprung hinein gekrochen wäre, hüpften die Zwillinge und ich kleine Mutproben zwischen den Kalkstücken und fingen Schmelzwasser im Becher auf. Es gab für Groß und Klein so viel zu entdecken, dass wir sowohl die Taschen voller Schätze hatten als auch komplett die (Warte-)Zeit vergessen konnten.
Über der Jammerbucht
Den Bulbjerg kann man entweder mit dem Auto befahren oder zu Fuß besteigen. Der Weg vom Strand hoch führt durch üppige Dünenlandschaft und ist auch für kleine Kinder leicht zu bewältigen. Sogar unser etwas gehfauler Junge vergaß sein übliches Jammern angesichts der spannenden Treppen und der herrlichen Aussicht.
Oben angekommen bot sich uns eine herrliche Aussicht über die Jammerbucht:
Blick in Richtung Hanstolm Hier sieht man im Meer den Sockel des 1978 umgefallenen Starreklit Blick in Richtung Blokhus Der Abgrund ist überall ungesichert.
Auf dem Berg ist ein großzügiger Parkplatz, von dem aus viele kleine Pfade zu ausgedehnten Entdeckungsreisen einladen. Wie eigentlich überall in Dänemark sind keine Absperrungen angebracht, sondern nur kleine Holzpfosten mit Warnhinweisen. Man muss also nicht nur auf seine eigenen Schritte achten, sondern vor allem auf die seiner Kinder.
Wer möchte, kann die auf dem Berg befindlichen Bunkeranlagen besichtigen, doch weil ich seit meinem Umzug nach Dänemark schon so unendlich viele davon gesehen habe, habe ich keinen von denen fotografiert. Beim zügigen Vorbeigehen ist mir aber aufgefallen, dass sie sehr gut erhalten und gut zugänglich gemacht worden sind.
Als die Sonne sich aufmachte, uns allen ihren farbenprächtigen Untergang zu präsentieren, kamen immer mehr Fotografen auf den Berg, um dort „in Stellung“ zu gehen. Den Kindern und mir wurde es mit schwindender Sonnenwärme allerdings zu kalt und wir zogen uns schließlich ins Auto auf dem Bergparkplatz zurück, um uns in der Wärme von einem schönen Tag zu verabschieden:

Während wir auf unseren Papa bzw. meinen Lieblingsfotografen warteten, fragte ich meine inzwischen ebenfalls fünfjährigen Kinder, ob ihnen dieser Ausflug denn gefallen hätte. Sie bejahten und meinten, sie wollten unbedingt noch einmal im Sommer her kommen.
Eine ausgezeichnete Idee, denn der Bulbjerg ist wirklich eine jede Reise wert.
Ich denke da an ein hyggeliges Picknick an einem der selbstverständlich vorhandenen Tische und da auf dem Berg auch eine öffentliche Toilette vorhanden ist, darf die mitgebrachte Kaffeekanne getrost etwas mehr Inhalt haben …
Na, habt ihr nun Lust auf mehr Nordjütland bekommen? Besucht mich doch gerne direkt in Dänemark bei Meermond.
God tur und herzliche Grüße,

Danke liebe Marion für diese wundervolle Reise zum Bulbjerg. Wir sind immer dort, wenn wir an der Jammerbucht im Urlaub sind. Es sind über 200 Treppenstufen hinab zum Ufer, also ist es ein Berg. Die Aussicht von oben wie der Abstieg zum Ufer lohnen sich, auch wenn man nicht, so wie ich ein Steinesammler ist. Natur pur – oben und unten -.
200 Stufen? Also das werde ich im Sommer überprüfen 😉
Venlige hilsner, Marion