Aarø oder auch Årø, eine kleine, eher unscheinbare Insel vor der dänischen Ostseeküste. Nur knapp sechs Quadratkilometer groß und lediglich durch den 750 Meter breiten Årøsund vom Festland getrennt. 750 Meter, die mit der Fähre in gut acht Minuten überwunden sind und scheinbar dennoch reichen, um zwei Welten zu trennen: Hier das sonnenverwöhnte Eiland, ein wahres Paradies der Ruhe und Entschleunigung. Dort das dänische Festland, mit seinem dagegen fast quirlig anmutenden Alltag. Inselflair, Genuss und Hygge pur – für uns Grund genug, unser Wohnmobil im Hafen von Årosund zu parken und nach Aarø überzusetzen, um diese kleine, ganz eigene Welt zu entdecken.
Zwischen Leuchtturm, Wein und Weite: Leben auf Aarø

Bereits nach wenigen Minuten auf der kleinen Fähre von Årøsund nach Aarø spürt man es: Hier ticken die Uhren anders. Kaum zehn Minuten vom dänischen Festland entfernt, empfängt einen die Insel mit einer wohltuenden Stille, weitem Blick über den Kleinen Belt und einer Gelassenheit, die förmlich ansteckt.
Autos sind hier selten, Hektik offenbar ein Fremdwort. Stattdessen: Ländliches Idyll zwischen einem tiefblauen Himmel, türkisfarbenem Meer und gelb leuchtenden Feldern. Dazu lebendige Geschichte, Genuss, Weinreben und ein lächelnder Gruß im Vorbeigehen. Alles ist etwas langsamer, vieles erscheint kleiner und man atmet tiefer. Vielleicht liegt es am Licht. Oder am Wein. Vielleicht aber auch an diesem einen Satz, den wir dort gehört haben und der so viel über die Mentalität der Insulaner sagt: “Was soll schon passieren? Wir leben auf Aarø …”

Dabei hat Aarø noch weitaus mehr zu bieten. Feinsandige Strände und grüne Deiche prägen das Bild, dazwischen alte Bauernhöfe, kleine Kunsthandwerksbetriebe und – nicht zu vergessen – das Weingut Årø Vingård. Ein pittoresker Leuchtturm aus dem Jahr 1905 markiert die südliche Landzunge, und im Süden lädt überdies ein europäisches Vogelschutzgebiet mit Salzwiesen, Lagune und Kliffküste zu stillen Naturerlebnissen ein.
Diese besondere Mischung aus Natur, Gemeinschaft und Gelassenheit zieht seit einigen Jahren immer mehr Aussteiger aus den dänischen Großstädten an. Menschen, die hier, auf der “Perle im Kleinen Belt”, wie die Insel auch liebevoll gennant wird, neu anfangen wollen. Ihre Liebe zur Insel prägt inzwischen das Leben auf Aarø ebenso wie der Wind, das magische Licht und das leise Rauschen der Ostsee.
Die größtenteils autofreie und sehr kleine Insel Aarø lässt sich am Besten zu Fuß oder mit dem Fahrrad besuchen. Als Ausgangspunkt kann man den Parkplatz oder auch den offiziellen Wohnmobil-Stellplatz im Hafen von Aarøsund nutzen.
Alternativ bietet sich der herrliche Campingplatz Gammelbro Camping direkt an der dänischen Ostseeküste als Ausgangspunkt für eine Inseltour an. Vom Campingplatz führt ein traumhafter Wanderweg an der Küste entlang zum Fährhafen.




Mit dem Golfcar zum Leuchtturm auf Aarø
Unsere Fähre schiebt sich langsam an den Kai von Aarø. In dem kleinen Hafen herrscht vergleichsweise viel Betrieb. Zumindest, wenn die stündlich verkehrende Fähre vom Festland anlegt. Dann wird hier kurzzeitig Entladen, Verladen und zahlreiche Einwohner sowie Besucher strömen dann zielgerichtet ihrem Ziel entgegen. Selten mit dem Auto, meistens mit dem Rad oder einem Golfcar. Golfcar? Tatsächlich sind diese leise surrenden kleinen Elektrofahrzeuge das offenbar meistbenutzte Fortbewegungsmittel auf der Insel.

Also mieten wir uns im Café im Hafen ebenfalls so ein Gefährt. Statt Gas geben heißt es rollen lassen. Die Straßen sind schmal, die Wege kurz, und das Tempo ist hier sowieso ein anderes. So rollen wir, wie von Geisterhand getrieben, zur Südspitze der Insel. Unser Ziel: der alte Leuchtturm, der seit über hundert Jahren diesen Punkt für die Seefahrer markiert. Schon von weitem sehen wir ihn zwischen Schilf und Feldern aufragen. Weiß mit rotem Dach, schlicht, aber würdevoll und ein herrliches Fotomotiv.

Der Årø Fyr wurde 1905 errichtet, in einer Zeit, als Nordschleswig noch zum Deutschen Kaiserreich gehörte. Dreizehn Meter misst er bis zur Spitze, doch es ist weniger seine Höhe als vielmehr seine Lage, die ihn so besonders macht.

Rundherum breitet sich offene Weite aus. Salzwiesen, die sich im Wind wiegen. Schafe auf den Deichen. Das glitzernde Band des Kleinen Belts am Horizont. Wir stellen unser Gefährt ab und lauschen der Stille, die nur von Möwenrufen, dem Rascheln des Schilfes und der leichten Dünung untermalt wird.

Ein Stück weiter, so erzählt man uns später, beginnt das Vogelschutzgebiet. Die Südspitze der Insel ist Rückzugsort für seltene Arten und daher streng geschützt, aber ebenso wild und wunderschön.
Mit dem Golfcar einmal quer über die Insel
Nach einer kurzen erholsamen Pause geht es weiter. Leise surrend durchqueren wir Aarø. Gleiten vorbei an Feldern und Weiden, an grasenden Galloways und verwitterten Hoftoren, die Geschichten erzählen könnten. Immer wieder öffnet sich der Blick zum Meer, schimmernd blau an diesem Sommertag, mit ein paar weißen Segeln am Horizont. Keine Ampeln, kein Lärm – nur wir, das leise Flüstern des Motors und diese wohltuende Weite.

Die Insel lässt sich auf diese Weise wunderbar erkunden. Mal kurz anhalten, barfuß ans Wasser, mal einen kleinen Umweg durch einen Hohlweg nehmen, in dem die Brombeeren am Wegesrand wuchern. Und zwischendurch ein freundliches Winken von Einheimischen, die uns zunicken, als gehörten wir längst dazu.

So erreichen wir an der Ostküste den Campingplatz Aarø Camping. Ein beliebtes Ziel bei vielen ruhesuchenden Campern, die die Weite des Areals, die wohltuende Abgeschiedenheit und die Lage zu schätzen wissen. Gebaut um einen alten Bauernhof, bietet er großzügige Stellplätzen, moderne Sanitäranlagen, ein kleines Café und sogar einen Minizoo für die Kleinen.
Weinprobe auf dem Gut Årø Vingård

Von der Ostseite der Insel kehren wir gemütlich zurück in Richtung Inselmitte. Vorbei an Feldern, alten Steinmauern und leuchtenden Wiesen rollen wir dort mit unserem kleinen Insel-Flitzer gemächlich in den Hof von Årø Vingård. Weinreben soweit das Auge reicht, eine helle Terrasse mit Blick aufs Feld und zwei freundliche Besitzer, die uns herzlich begrüßen: Lisbeth und Jakob Lei.

Die beiden haben hier auf Aarø nicht nur einen Weinberg übernommen, sondern sich damit einen Lebenstraum erfüllt. Vor einigen Jahren gaben sie ihr geregeltes Leben in der dänischen Großstadt auf, um in ein neues Kapitel zu starten – als Winzer auf einer kleinen Ostseeinsel. Der Zufall spielte mit, als Jakob ursprünglich nur wegen ein paar Tipps zur Apfelweinherstellung bei seinem Vorgänger Svend Aage vorbeischaute. Statt Ratschlägen bekam er das Angebot, Årø Vingård zu übernehmen.
Heute führen Lisbeth und Jakob den Betrieb mit großer Leidenschaft und stetig wachsendem Erfolg. Nach dem Start im Jahr 2015 pflanzten sie über 3.500 neue Rebstöcke sowie rund 1.200 Apfelbäume. Inzwischen besuchen jährlich rund 25.000 Menschen das Weingut, nehmen an Verkostungen teil oder genießen einfach das besondere Flair dieses Ortes.





Wir lassen uns auf der Terrasse im Schatten einiger Reben nieder und kosten den hausgemachten Solaris, einen hellen, nordischen Weißwein, frisch, fruchtig und überraschend elegant. Dazu ein Blick über die Reben, ein freundliches Gespräch mit den beiden Gastgebern und das Gefühl, dass hier auf Aarø nicht nur Wein, sondern auch Träume wachsen.

Als wir uns verabschieden und den Beiden weiterhin alles Gute wünschen, fällt eben dieser Satz, der bis heute in uns nachhallt: “Was soll schon passieren? Wir leben auf Aarø …”
Handwerklich gebrautes Bier aus der Brauerei Aarø Bryg
Es ist quasi nur ein Katzensprung vom Weingut bis zur Insel-Brauerei, die sowohl für ihre liebevoll gebrauten Biere als auch den eigenen Pub bekannt ist. Natürlich “müssen” wir hier ebenfalls halten – schließlich wäre es sträflich, diesen Teil der Inselkultur auszulassen …

Also treten durch die offene Tür einer ehemaligen Scheune und stehen mitten in einem Ort, der so viel mehr ist als nur eine Brauerei. Hier kommen wir mit Ole Kristian Dam ins Gespräch, dem Macher hinter Aarø Bryg. Als Braumeister, Gastgeber und Herz der Brauerei hat er ein ganz eigenes Konzept entwickelt: „Fra Ø til Øl“ – von der Insel zum Bier. Seine Vision: Biersorten zu schaffen, die Aarø schmeckbar machen. Bodenständig. Unverwechselbar. Und immer mit einem Lächeln serviert.

Seit 2016 wird hier inzwischen Bier gebraut, aus klarstem Grundwasser und mit Zutaten direkt von der Insel: Korn, Kräuter, manchmal auch Beeren oder Blüten. Heraus kommen Biere mit Charakter, handwerklich gebraut, ehrlich im Geschmack und voller Persönlichkeit.
Sirko lässt sich ein Aarø Amber einschenken – angenehm malzig, mit einem Hauch von Karamell, perfekt für einen langen Spätnachmittag im Schatten. Sein Fazit: gefährlich lecker!

Aarø Bryg ist aber inzwischen längst mehr als nur Produktionsstätte. Es ist Treffpunkt, Bühne, Lieblingsort. Hier finden Verkostungen statt, kleine Konzerte, Themenabende und wer mag, kann sogar als Teilhaber in die Brauerei einsteigen.

Abschied von Aarø
Wir rollen langsam zurück zum Hafen. Der Wind ist ein wenig frischer geworden, das Licht weicher. Noch einmal schweift unser Blick über die Felder, die Reben, das Meer. Über all das, was Aarø so besonders macht. Ein paar Möwen kreisen über dem Anleger, als wollten sie sich verabschieden. Die Fähre legt bereits an, bereit, uns zurück auf das Festland zu bringen. Zurück in den Alltag. Zurück in eine andere Welt …
Was bleibt, ist nicht nur die Erinnerung an feinaromatischen Rosé und ein bernsteinfarbenes Bier, nicht nur an Möwenrufe, Salzwiesen und goldgelbe Felder. Es ist vor allem die Begegnung mit Menschen, die mit viel Idealismus, Herzblut, Kreativität und einer gehörigen Portion Mut ihre Träume auf dieser kleinen Insel Wirklichkeit haben werden lassen.

So blicken wir irgendwann, nach einem erlebnis- und eindrucksvollen Tag, auf der Rückfahrt zum Festland ein letztes Mal zurück. Mit einem eigenartig sentimentalen Gefühl sehen wir, wie Aarø in der Ferne langsam kleiner wird, bis es schließlich nur noch eine grüne Oase am Horizont ist.
Aarø verabschiedet sich leise. Mit einem letzten Gruß im Wind. Und mit einem Satz, den wir wohl nie vergessen werden: “Was soll schon passieren? Wir leben auf Aarø …”
Fakten und Informationen für deinen Inseltrip nach Aarø
Die Insel Aarø wird nur durch den rund 750 Meter breiten Aarøsund vom dänischen Festland getrennt. Sie liegt vor der dänischen Ostseeküste inmitten des Kleinen Belt, ungefähr auf Höhe der dänischen Stadt Haderslev. Sie ist über die Schnellstraße E45 und mithilfe der mehrmals täglich verkehrenden Fähre der Linie Aarøfærgen gut zu erreichen.
- Fahrpläne und Routen auf der Webseite von Aarøfærgen

- Aarø Camping: Großzügige Stellplätze für Wohnwagen, Zelte & Campervans sowie gemütliche Hütten – gebaut rund um einen alten Bauernhof, mit Café, kleinem Laden und Minizoo. (aaro-camping.dk)
- Hotel Brummers Anneks: Komfortable, liebevoll eingerichtete Zimmer in zentraler Lage nahe dem Hafen – ideal für alle, die etwas mehr Luxus suchen. (brummersgaard.dk)
- Aarøs Perle – Bed & Breakfast: Vier Doppelzimmer und ein Einzelzimmer mit großer Gemeinschaftslounge, TV, Teeküche und schöner Terrasse mit Blick aufs Meer. (aaros-perle.dk)
- Shelter am Hafen: Rustikale Schutzhütten direkt am Anleger – kostenlos und ohne Reservierung, ideal für Kurzaufenthalte oder spontane Übernachtungen unter freiem Himmel.
- Weitere Informationen auf der deutschsprachigen Webseite der Insel: Willkommen auf Aarø

Kommentieren