Gastbeitrag Schweden Highlights

Autofriedhof von Båstnäs (Schweden): Hot oder Schrott?

Autofriedhof_Båstnäs_Schweden_Titelbild

Der Autofriedhof von Båstnäs (Schweden) gehört wohl eher zu den skurrilen Sehenswürdigkeiten in Schweden. Fernab bekannter Naturschönheiten liegt der wohl populärste Schrottplatz Skandinaviens weit abgeschieden in den Wäldern der Provinz Värmland. Der – zugegebenermaßen – etwas morbide Charme von knapp tausend verrostenden Autos wird durch diese Abgeschiedenheit aber nur noch verstärkt. Die verlassenen Gebäude tun ihr Übriges und verleihen der Szenerie diese typische Atmosphäre der “Lost Places”, wie man sie zum Beispiel auch in der verlassenen norwegischen Bucht Vetvika spürt. Dennoch – oder gerade deshalb – ist der Autofriedhof von Båstnäs inzwischen weit mehr als nur ein Geheimtipp für Autonarren.

Während unserer Urlaubsreise zum Nordkap mit unserem Kastenwagen hatten wir viele gute Erlebnisse und Begegnungen. Doch besonders der Abstecher zum schaurig-schönen Autofriedhof von Båstnäs hat sich dabei als eindrucksvolle Erinnerung in unser Gedächtnis gebrannt. Deshalb wollen wir euch nun auf diesen Teil unserer Reise mitnehmen. Dabei geht es in die tiefen Wälder von Värmland im Südwesten Schwedens, im Grenzgebiet zu Norwegen. Wir sind bereits sehr gespannt, ob sich der Abstecher lohnt…? Hot oder Schrott? Aber lest selbst….

Unterwegs im norwegisch-schwedischen Grenzgebiet

Am Vortag aus Lillehammer kommend, halten wir in der Gegend um Ørje und übernachten am See Langvannet. Ein schöner Stellplatz mit Seeblick bietet direkt neben der Straße RV 21 perfekte Voraussetzungen. Das Wohnmobil abgestellt und schon 10 Minuten später haben wir unsere Abendmahlzeit im Umkreis von 100 Metern um unseren “Blåbær” gesammelt: Lecker Pilze gibt es. 

Wohnmobil-Stellplatz unweit vom Autofriedhof in Båstnäs (Schweden)
Traumhafter Stellplatz am See Langvatnet in Norwegen
Details zum Stellplatz
Traumhaft gelegener und ruhiger Stellplatz auf einem Picknickplatz am See Langvatnet (Südnorwegen) mit etwa 4 Stellplätzen, Picknick-Bänken und Feuerstellen

Die letzte Nacht ist sehr ruhig gewesen und ausgeruht starten wir in den neuen Tag. Durch die Covid-Maßnahmen in Norwegen sind nicht alle Straßen und Wege in Richtung Schweden für den Grenzverkehr geöffnet. Die kleinen Straßen sind zwar meistens befahrbar, aber die Grenzübergänge offenbar gesperrt. Schilder verweisen auf eine Kameraüberwachung, sodass wir uns eher für eine Fernstraße mit einem offiziell geöffneten Grenzübergang entscheiden.

Also fahren wir hinter Ørje auf der Europastraße E18 nach Schweden. Es gibt eine kleine Grenzkontrolle und einen netten Schwatz mit der schwedischen Zöllnerin. Bis nach Töckfors ist es nicht weit und unsere Navigation schickt uns Richtung Süden auf eine kleine Straße. Vor uns liegen noch knapp 20 Kilometer. Es geht am Ufer eines Sees entlang, wo sich der Asphalt langsam in Schotter wandelt. Wir passieren kleine Häuseransammlungen und folgen der kaum befestigten Straße links und rechts herum durch die Kurven, über kurze Kuppen immer tiefer in den Wald hinein. Außer uns scheint niemand unterwegs zu sein. Es scheppert mächtig im Inneren des Kastenwagens und wir könnten uns schon wieder direkt am Straßenrand mit Pilzen versorgen.

Die Anfahrt zum Autofriedhof von Båstnäs

Der Wald lichtet sich dann überraschend und das Ende der Piste ist erreicht. Ein Schild verkündet: „Här slutar allmän väg!“ („Hier endet die öffentliche Straße“). Ein Bild davon gelingt leider nicht, da ein Expeditionsmobil den Hinweis teilweise verdeckt. Rechts und links am Wegesrand parken weitere 3 Wohnmobile, ein paar schwedische PKW und ein italienisches Motorradfahrer-Paar. Dahinter erstreckt sich eine Wiese und wir sehen die Dächer von alten Autos, die über das hohe Gras in den schwedischen Himmel ragen. Wir haben unser Ziel erreicht, den Autofriedhof der Brüder Ivansons in Båstnäs.

Autos oder eben Schrott – soweit das Auge reicht:

Wir hatten vorher im Internet zu diesem Ort recherchiert und dabei erfahren, dass die Ivansons in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts hier eine Mechanikerwerkstatt unterhielten. Die Einfuhr von Fahrzeugen nach Norwegen war zu dieser Zeit nicht gestattet bzw. kaum möglich. Ersatzteile für Autos konnten dagegen eingeführt werden. Und so wurden die Autos hier in ihre Einzelteile zerlegt und diese wurden dann nach Norwegen gebracht, um dort wieder zusammengefügt zu werden oder als Ersatzteile verwendet zu werden.

Erst Mitte der 1980er Jahre wurde diese Geschäftsidee sozusagen trockengelegt, da die Norweger die Einfuhrbedingungen lockerten. Die Karossen aber blieben da. Es sollen heute ungefähr 1000 Autos sein. Die automobile Historie von 30 Jahren Fahrzeugbau steht hier unter freien Himmel.

Da auf dem Gelände des Autofriedhofes nichts verändert oder gar abgebaut werden darf, mussten Pat und Mat, unsere Maskottchen, im Kastenwagen bleiben. Sie hätten hier ganz bestimmt was zum Basteln gefunden…

Autofriedhof von Båstnäs (Schweden)

Autos aller Marken und Baujahre mitten im Wald

Die Wiesen und Wälder rund um den Hof in Båstnäs waren mit den ausgeschlachteten Karossen vollgestellt und so langsam übernahm die Natur wieder Regie über das Gelände. Moose finden auf den rostigen Karossen Halt, Bäume wachsen direkt in und durch die Autos, haben sich im Motorraum breit gemacht, Chromleisten glänzen im Licht. Wir entdecken nur wenige Exoten. Vielmehr stehen uns bekannte Fahrzeuge der Marken Saab, Volvo, VW und Mercedes auf dem Gelände.

Nur einige Autotypen sind uns gänzlich unbekannt und ein Rückschluss auf den Namen des Rosthaufens ist leider kaum möglich. Der Rundgang über das Gelände will kein Ende nehmen, im Wald neben der Wiese tauchen immer wieder neue Autos auf. Hier wurde sogar gestapelt: 3, 4 Karosserien stehen teilweise übereinander. Von den ganzen ausgebauten Teilen von Motoren, Achsen und Türen reden wir erst gar nicht. Eine gewisse Vorsicht beim Rundgang ist schon angebracht, damit wir nicht irgendwo hängenbleiben und einen Riss in der Hose abbekommen.

Die Natur holt sich ihren Platz zurück

Der Platz ist wildromantisch, hat den Reiz des Verfallenden, er strahlt eine Aura aus, welche nur schwer fassbar ist. Das Öffnen einer Tür wird begleitet von metallischen Knarzen, welches einem Krimi alle Ehre macht. Fans des Automobils kommen voll auf ihre Kosten, genauso aber auch die Naturfreunde.

Die Natur zeigt ganz deutlich, wer hier der Stärkere ist, sie setzt sich gegen die unzähligen Tonnen aus Blech und Stahl immer weiter durch. Man könnte natürlich meinen, hier muss mal alles auf- und weggeräumt werden, aber genau dies sollte nach unserer Ansicht nicht erfolgen. Die dabei entstehenden Schäden würden den natürlichen Bewuchs wieder um Jahre in seiner Entwicklung zurückwerfen.

Tief beeindruckt verlassen wir den Hof in der Mittagszeit nach unserem Besuch. Auf dem Rückweg zur E18 kommen uns immer wieder Fahrzeuge entgegen, daher kann man wohl nicht davon sprechen, der Autofriedhof wäre ein Geheimtipp. 

Für uns persönlich gibt es für diesen Ort im Nachhinein nur ein Urteil. Wir sagen eindeutig HOT und geben eine klare Besuchsempfehlung! Was sagt ihr zu dem Autofriedhof von Båstnäs? Kennt ihr diesen verwunschenen Ort bereits?

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Autor / Autoren:

Falk Hickmann

Mit dem berühmten Norwegen-Virus wurden wir durch meine Tante und meinen Onkel infiziert. Sie waren durch ihre Arbeit viel in Skandinavien unterwegs und die Berichte von ihnen enthielten die kleinen Viren.
Ausgebrochen ist er dann 2003 bei unserem Urlaub auf der Insel Varaldsøy und wir müssen gestehen, er ist nicht heilbar. Daher waren und sind wir oft und gern in diesem tollen Land unterwegs. Beeindruckt von der Landschaft sowie der Mentalität der Norweger kehren wir immer wieder zurück und wenn Norwegen an Bord einer Fähre in Sicht gerät, erfüllt uns ein Gefühl von Zufriedenheit und Geborgenheit, so, als wenn man wieder nach Hause kommt.
Einige dieser schönsten Erlebnisse und Eindrücke möchten wir mit euch gern im Nordlandblog teilen.

6 Kommentare

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  • Hallo ihr zwei,

    ich war im Juni dort, und fand es einfach faszinierend. Allein der Weg von der E18 bis nach Bastnäs hat schon was abenteuerliches.
    War auf alle Fälle den Besuch wert, also “Hot”.
    Immer wenn ich die Fotos auf dem Bildschirm im Büro sehe will ich wieder los………….
    Skandinavien hat einfach Suchtpotenzial 🙂

    VG Ferdi

  • Moin, moin aus Bremen.
    Interessanter Beitrag, hatte auch mit dem Gedanken gespielt dort mal hinfahren zu können.
    Haben als 40 zig Jahre erfahrene Nordland Camper mit jetzt schon 4. Generation WoMo unterwegs vieles kennenlernen dürfen.
    Aber z.Zt. alles sehr schwierig, gesund bleiben ist das Wichtigste.
    MfG Dieter oehlke

    • Hej Dieter,
      danke für deinen netten Kommentar.
      Da der Autofriedhof sich so super in unsere Tour einbauen ließ, war der Abstecher dann die volle Punktzahl wert. Wir freuen uns darüber, einem “alten” Nordlandcamper mit diesem Beitrag begeistern zu können und vielleicht führt auf der nächsten Reise unser Beitrag Euch zum Autofriedhof und ihr könnt unsere Zeilen vor Ort nachvollziehen.
      Bleibt gesund im neuen Jahr.
      Viele Grüße von den Hickis!

  • Hej,

    sehr guter Artikel, kann ich mich nur anschließen, wir haben diesen Platz schon mehrere Male besucht.

    Immer wieder gibt es neues zu sehen, vor allem weil sich die Natur langsam darüber legt.

    Mange Hilsener

    Christian

    • Hej Christian,
      besten Dank für diesen netten Kommentar.
      In der Tat ist ein mehrfacher Besuch dieses Ortes zu empfehlen, dadurch kann die Veränderung vor Ort am besten erkannt werden. Ich stelle mir grad vor, ein Autoteil wird durch eine Astgabel eingefangen und man findet es 5 Jahre später Meter weiter oben wieder…
      Mal schauen, wenn wir irgendwann wieder die Richtung haben, wir biegen in Töckfors ab und fahren in den tiefen Wald.
      Kommt gut ins neue Jahr.
      Mit vielen Grüßen von den Hickis