Zwei Systeme und die Qual der Wahl
Systemkameras sind in den letzten Jahren gerade bei Hobby-Fotografen immer beliebter geworden, da sie deutlich kompakter als Spiegelreflexkameras sind, aber trotzdem die Möglichkeit zum Wechseln der Objektive bieten.
Falls du auf der Suche nach einer neuen Systemkamera bist, fragst du dich sicherlich: “Welches Modell ist das beste für mich?”
Bevor du dich für ein spezifisches Modell entscheidest, ist es aber viel wichtiger, dass du dir darüber klar wirst, zwischen welchen Standards du überhaupt entscheiden kannst.In diesem Artikel vergleiche ich die zwei größten Systemkamera-Standards für dich: Den Micro Four Thirds (MFT) Standard von Olympus und Panasonic, sowie den E-Mount Standard von Sony.
Es ist sehr wichtig, dass du dir gerade bei deiner ersten Kamera Gedanken über den Standard machst. Damit legst du die Entscheidung auf den Objektivanschluss fest. Hatten du zum Beispiel in der Vergangenheit eine E-Mount Kamera und hast über Jahre Objektive dafür gekauft, sollte man beim Neukauf darauf achten auf das gleiche System aufzusetzen. Entscheidest du sich für ein Systemwechsel, muss dir klar sein, dass du auch dein komplettes Equipment nicht mehr nutzen kannst.
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Die Fakten
Micro Four Thirds:
- Der Micro Four Thirds Standard (kurz: MFT) ist ein offener Standard und wurde vor allem durch die zwei großen Kamerahersteller Olympus und Panasonic geprägt.
- Seit 2003 gibt es des Micro Four Thirds Standart, der den älteren Four Thirds Standard abgelöst hat. Alte Objektive können aber relativ problemlos mit Hilfe eines Adapters angeschlossen werden.
- Micro Four Thirds Systemkameras sind hauptsächlich für die große Auswahl an Wechselobjektiven bekannt, die es von Olympus, Panasonic und anderen Drittherstellern (wie Sigma oder Tamron) gibt. Dazu mehr im Kapitel “Objektivauswahl”.
E-Mount System:
- Der E-Mount Standard wurde 2010 vorgestellt und ist (im Gegensatz zum MFT Standard) kein “offener” Standard, weshalb Sony der einzige Kamerahersteller ist, der auf dieses Objektivbajonett setzt.
- Im Kontrast zu Micro Four Thirds, gibt es für E-Mount jedoch Kameras mit zwei unterschiedlichen Sensorgrößen:
APS-C Kameras (Crop Faktor von 1,5)
Vollformat Kameras (Crop Faktor von 1,0 → Kein Crop Faktor)
Gemeinsamkeiten der beiden Standards:
- Der E-Mount, als auch der MFT Standard ist nur auf spiegellose Digitalkameras ausgelegt. Dadurch wird ein geringerer Abstand zwischen Objektiv und Sensor benötigt, was den Vorteil hat, dass die Objektive kompakter, als vergleichbare DSLR-Gläser sind.
- Außerdem kannst du deshalb mit beiden Standards jegliche Art von (alten) Spiegelreflexkamera-Objektive adaptieren, wie zum Beispiel von Canon oder Nikon.
Objektive, die für E-Mount Vollformat Kameras ausgelegt sind, werden übrigens auch als EF-Objektive (“F” für “Full-Frame”) bezeichnet. Da die Vollformat-Kameras preislich aber in einer anderen Liga spielen, vergleiche ich in diesem Artikel nur E-Mount Kameras mit einem APS-C Sensor mit den Pendants von Micro Four Thirds.
Nun möchte ich mit euch die zwei Systeme in den Punkten Preis, Objektivauswahl, Bildqualität und Geschwindigkeit miteinander vergleichen:
Preis
Beginnen möchte ich mit dem Kriterium, das für dich wahrscheinlich am wichtigsten ist: Der Preis!
Von allen aufgeführten Punkten, ist dies aber der Punkt, in dem sich die zwei Standards am wenigsten voneinander unterscheiden. Egal, ob du dir eine Einsteiger-, Mittelklasse oder “Profi”-Systemkamera kaufen willst, im Allgemeinen gilt der Spruch: “You get what you pay for.”
Generell lässt sich sagen, dass gerade Panasonic Kameras dir das beste Preis-Leistungsverhältnis bieten, wenn es um die Videoqualität geht. Dafür bieten die E-Mount APS-C Kameras ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis, wenn es dir rein um die Bildqualität geht (was mittlerweile aber eigentlich nur für die günstigeren Modelle zutreffend ist).
Auch für Objektive musst du je nach Variante ungefähr bei beiden Standards gleich viel zahlen. Warum Micro Four Thirds dem E-Mount Standard im Hinblick der Objektivauswahl überlegen ist, erkläre ich dir im nächsten Kapitel.
Objektivauswahl
Für den MFT Standard gibt es mit Abstand die meisten Wechselobjektive im Bereich der spiegellosen Systemkameras. Im Vergleich zum E-Mount, bieten die zwei großen Hersteller (Olympus und Panasonic) sehr viele verschiedene, hochwertige Modelle an. Außerdem gibt es einige Dritthersteller, die Gläser für den Objektivanschluss entwickeln.
Auch wenn die Sony Systemkameras in den letzten Jahren immer populärer geworden sind, hat sich Sony leider fast ausschließlich auf die Entwicklung von hochpreisigen Vollformat-Objektiven konzentriert.
Mittlerweile gibt es zwar eine ziemlich üppige Auswahl an E-Mount Objektiven für APS-C Kameras, diese kann aber trotzdem nicht mit der Auswahl von Micro Four Thirds Objektiven mithalten.
Insgesamt lässt sich sagen, dass es für MFT Kameras nicht nur deutlich mehr native Objektive gibt, sondern dass du außerdem auch mehr Auswahl hast, wenn es um die unterschiedlichen Preiskategorien von Objektiven geht.
Ich besitze selbst eine Sony Alpha 6000 und muss aber sagen, dass mich die kleinere Objektivauswahl (zumindest bisher) gar nicht so sehr störte, wie anfangs gedacht, da ich für alle meine Einsatzzwecke ein passendes Glas finden konnte.
Wenn du früher oder später auf der Suche nach einem Tele-Objektiv bist, würde ich dir jedoch raten, dich schon im Vorfeld genauer zu erkundigen, da Sony für diesen Bereich so gut wie keine Auswahl bietet.
Ein weiterer Vorteil von MFT ist, dass zwei große Hersteller dieses System unterstützen. Wenn Sony in einigen Jahren plant aus dem Kameramarkt auszusteigen, könnte deine Objektivsammlung sehr schnell an sehr viel Wert verlieren.
Sony ist dafür bekannt, neue Standards einzuführen, die sie kurze Zeit später nicht mehr unterstützen (z.B. Betamax, Memory stick, MiniDisc oder Vaio)
Bildqualität
Weißt du, was Canon, Nikon und Apple gemeinsam haben? Sie alle beziehen ihre Kamerasensoren von Sony.
Sony ist der führende Hersteller von Kamerasensoren, weshalb ihre Systemkameras mit die beste Bildqualität aller Kameras am Markt bieten. Ein gutes Beispiel dafür ist die schon etwas ältere Alpha 6000, die für den sehr guten Preis von ~500€ eine extrem gute Bildqualität bietet, da Sony hier einen sehr guten Sensor verbaut hat.
Aber wenn du dich ein bisschen mit der Fotografie auseinandergesetzt hast, wird dir sicherlich aufgefallen sein, dass der Sensor in der Regel nicht der wichtigste Part einer Kamera ist, wenn es um die Bildqualität geht.
Noch viel wichtiger ist das Glas vor dem eigentlichen Sensor, wenn es um die Auflösung und die Abbildungsqualität der Bilder geht.
Da die Sony Kameras im Vergleich zu den MFT Modellen von Olympus und Panasonic einen größeren Sensor haben, haben die E-Mount Kameras Vorteile bei der Bildqualität:
- Besseres Rauschverhalten
- Höhere Auflösung
Kameras mit einem größeren Sensor fangen bei hohen ISO-Werten nicht so schnell an mit Rauschen, wie Kameras mit kleineren Sensoren.
Außerdem haben Kameras mit einem größeren Sensor in der Regel eine höhere Auflösung. So haben die meisten MFT Kameras 16 Megapixel (neuere Modelle sogar 20), wohingegen die meisten APS-C Kameras 24 Megapixel ausgestattet sind.
Zusammengefasst haben zwar hier die Sony Kameras die Nase vorne, aber du solltest nicht vergessen, dass eine gute Bildqualität zu einem großen Teil von dem Objektiv abhängt. Auch gegen schlechte Lichtverhältnisse kann ein gutes Objektiv helfen, da es für MFT deutlich mehr Auswahl bei offenblendigen Gläsern gibt.
Geschwindigkeit
Wie schnell deine Kamera Bilder schießen kann und wie gut der Autofokus ist, hängt generell vom jeweiligen Kamera-Modell ab.
Hochpreisige Modelle von Olympus, wie z.B. die Olympus E-M1 haben einen vergleichbar guten Autofokus, wie das derzeitige Premium-Modell von Sony, die Sony Alpha 6500. Beide Kameras sind aber auch relativ teuer. Wenn du weniger Geld ausgeben willst, wirst du bei beiden Standards auf Schnelligkeit (beim Autofokus und der Serienbildfunktion) verzichten müssen.
Wenn du also viel Wert auf einen schnellen Autofokus oder eine rasante Serienbildfunktion legst (zum Beispiel, weil du gerne deine Kinder oder sich schnell bewegende Tiere fotografierst) wirst du bei beiden Systemen fündig, aber du solltest bereit sein etwas mehr Geld auszugeben.
Fazit: Dieser Standard ist das richtige für dich
Wie du in der Gegenüberstellung von E-Mount und Micro Four Thirds Kameras erfahren konntest, gibt es keinen Standard, der für alle Fotografen perfekt wäre. Wie in den meisten Bereichen des Lebens, hat jede Option seine Vor- und Nachteile und letztendlich kannst nur du entscheiden, welches System das beste für dich bietet. Ich hoffe, in diesem Beitrag konnte ich dir eine gute Entscheidungsgrundlage bieten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass du dich für eine MFT Kamera entscheiden solltest, wenn du jetzt schon weißt, dass du in den nächsten Jahren einige neue (oder gebrauchte) Objektive kaufen willst. Wenn du aber etwas genügsamer bist und mit der Auswahl an Gläsern für die E-Mount Systemkameras von Sony zufrieden bist, bekommst du gerade in Sachen Bildqualität und Rauschverhalten etwas mehr Leistung für dein Bild.
Du bist dir immer noch nicht sicher?
Dann besuche einfach den nächsten Elektronikmarkt und nehme ein paar unterschiedliche Modelle in die Hand. So erkennst du schnell, welche Kamera in Sachen Bedienbarkeit und Kompaktheit die richtige für dich ist.
Viel Spaß beim Fotografieren!
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Ganz häufig geht der Charakter des Sensors im rein technischen Vergleich unter. Sony ist der größte Hersteller von Sensoren, aber nicht der Einzige. Und es gibt durchaus Unterschiede in den Charakteren der Sensoren, so wie es sie zwischen analogen Filmen gibt. Und da kann man schon beobachten, ob sie hauptsächlich auf den asiatischen oder euro-amerikanischen Markt abgestimmt sind. Ich kenne Blogger, die sind aus diesem Grund von Sony zu Leica oder Panasonic gewechselt.
Natürlich kann man alles bearbeiten, aber man kann sich das Leben auch einfacher machen.
Man sollte auch nicht pauschal Spiegelreflex-Kameras aus seinen Gedanken werfen, sie sind, was Stromsparen und Nutzdauer von Objektiven betrifft, bei weitem im Vorteil. Und die Gehäuse der Spiegellosen sind lange nicht mehr so klein wie sie einmal waren. Zum anderen finde ich es gut, durch eine Kamera zu schauen, ohne sie anschalten zu müssen. Beispielsweise kann eine Spiegelreflex bis zu drei mal mehr Bilder schaffen wie eine Spiegellose. Und sie verbraucht durch den Verzicht auf den elektronischen Sucher deutlich weniger seltene Erden.
Man sollte sich die vergifteten Abbaugebiete einmal anschauen, dann sieht man die ökologischen Auswirkungen der totalen Digitalisierung.
Ein weiteres Augenmerk sollte die Einfachheit der Bedienung sein. Je weniger Menüs, desto besser kann man sich aufs Bild konzentrieren.
Auch aus den Augen lassen sollte man nicht Wetterfestigkeit. Und, wenn man viel Leistung für weniger Geld haben möchte, auch Auslaufmodelle nicht aus den Augen verlieren. Denn vieles, was heute verkauft wird, braucht die Welt nicht. Ein Modell, z.B. die Panasonic FZ 1000, eine Bridgekamera, ist mittlerweile abgelöst, ausgewiesen für eine hohe Qualität in allen Disziplinen und für recht wenig Geld noch neu zu bekommen.
Insgesamt ist weniger mehr.
Hallo Kai,
vielen Dank für deinen wertvollen Kommentar und diese hilfreichen Ergänzungen. Wir sollten vielleicht mal über einen kompletten Gastbeitrag nachdenken… 😉
Für dein Projekt weiterhin viel Erfolg und wir lesen dann gern wieder voneinander. Bis dahin liebe Grüße,
Conny und Sirko
Hallo,
da muss ich wiedersprechen, was den Preis angeht. MFT ist günstiger wie APS-C.
z.B. Panasonic Lumix G DMC-G80 387€ Fünf – Achsen – Bildstabilisator, elektronischen Verschluss, Post-Focus-Funktion, Wasserwage, Bildretusche, Gehäuse aus Magnesiumlegierung und Festbrennweite 25mm F1.7 161,99€ was bezahlt man bei Sony für diese Kamera mit Objektiv ? Die A 6000 hat eine schlechte Ausstattung, da frage ich mich schon ob die etwas bessere Bildqualität den Preis rechtfertigt. Meine persönliche Erfahrung mit Sony sehr schlechte Mechanische Qualietät. Gruss aus dem Nordschwarzwald Paul.
Moin erstmal,
deiner Argumentation folgend bräuchte ich theoretisch zwei Kisten…
Die 6000er für Fotos, und eine MFT für Videos, da ich überlege, meine Vlog irgendwann mal wieder aufleben zu lassen.
Das Argument mit dem Fallenlassen von Standards ist verdammt gut, war meine erste “richtige” Kamera doch glatt eine Samsung NX2020.
Wenn ich ehrlich bin, ich hätte sie wahrscheinlich noch immer, wenn Samsung sich nicht aus dem Markt zurückgezogen hätte…
#RIPNexie
Back to Topic…
Was mich ja, neben der besseren Schärfe in der Bildmitte, in Richtung Sony und APS-C treibt, ist ja auch das mit den Ausdrucken.
Ein mit APS-C geknipstes Foto bekomme ich, wenn ich nun nicht ganz mallig in der Birne bin, leichter ausgedruckt, da dort schon das Format passt, wohingegen ich bei einem MFT Bild den Ausschnitt er nich wählen muss, was ich beim Knipsen selbst dann auch nicht vergessen darf.
Auch was Bedienerfreundlichkeit angeht, so scheint mir Sony slightly die Nase vorn zu haben, aber das kann sich ggf ändern, wenn ich mal beider für ne Weile testen würde (Hat wer nen Lottogewinn für mich?).
Was allerdings zumindest für die Panasonic Reihe spricht, ist dass sie sich nicht so leicht in meinen Händen verlieren würde.
Ich mein, ich hab zwar keine Pranken, und nen 6.1 Handy ist schon leicht zu groß für mich, aber bei einer zu kleinen Kamera wüsste ich wahrscheinlich am Ende des Tages nicht wohin mit meinen Griffeln.
Nichtsdestotrotz hab ich ein paar zusätzliche Infos gewonnen, die sogar hilfreich sind, wenngleich sie auch den Zwiespalt in mir verfestigt haben.
Allzeit gutes Licht, und Grüße von der Elbe.